NEWSLETTER

genaNews September 2020

Liebe Leserinnen und Leser,

 

mit etwas Verspätung haben wir unsere Bewertung des Konjunkturprogramms veröffentlicht. Auch wenn es für das aktuelle Corona-Konjunkturprogramm für grundsätzliche Änderungen zu spät sein mag, bei der Ausgestaltung der einzelnen Maßnahmen und für zukünftige Programme - von denen wir ausgehen - könnte es hilfreich sein.

 

Ein kleiner Schwerpunkt dieses Newsletters ist das Thema Gender im Meeresschutz. Da geht es zum einen um die Ergebnisses eines vierjährigen Forschungsprojektes, das sich sowohl mit der strukturellen Diskriminierung von Frauen in diesem Forschungsbereich befasst, als auch ein Instrument mit dem bezeichnenden Namen GenderWave entwickelt hat. Dieses soll dabei unterstützen, Genderaspekte in den Forschungsfragen und -methoden zu berücksichtigen. 

 

Weitere Beiträge weisen auf laufende Forschungsprojekte hin, z.B. zu dem geringen Anteil von Frauen in der Bürgerenergie und dessen Ursachen oder einer Befragung zur Akzeptanz von Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen. Veröffentlicht sind dagegen bereits die Erkenntnisse einer aktuellen Untersuchung zum Bewusstsein der Bevölkerung über die Natur und den Naturschutz. Bei der gerade erst verabschiedeten Gleichstellungsstrategie der Bundesregierung und des BMU braucht es vermutlich eines längeren Atems um zu erkennen, wie sie sich in der Politik niederschlägt.

 

Wir wünschen spannende Erkenntnisse beim Lesen und einen schönen Herbst

 

Ulrike Röhr, genanet

PS: Mit der neuesten Version unseres Content Management Systems gibt es leider immer noch oder immer wieder Probleme beim Versand des Newsletters. Das gilt vor allem für die Verlinkungen. Im Zweifelsfall finden Sie die genaNews auch auf unserer Webseite unter https://www.genanet.de/infopool/newsletter


 

Das Konjunkturpaket 2020 zur Überwindung der Corona-Krise geschlechtergerecht gestalten

Dr. Regina Frey, Genderexpertin und Politikberaterin für die Umsetzung von gleichstellungspolitischen Strategien, und Ulrike Röhr, genanet, haben gemeinsam ein Papier zum Corona-Konjunkturprogramm erstellt in dem sie kritisieren, dass die Hilfen an all denjenigen vorbeigehen, die bezahlte und unbezahlte Sorgearbeit leisten. Grund dafür sei, dass die Krisenbewältigung durch das Konjunkturpaket zu einem großen Teil durch konventionell ausgestaltete wirtschaftliche Stimuli erfolgt. Dadurch werden Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern fortgeschrieben oder sogar verschärft. Anhand von zwei Beispiele – Förderung der E-Mobilität und (Grüne) Startups – beleuchten sie exemplarisch die bestehenden Lücken, sowohl im Hinblick auf Gendergerechtigkeit als auch auf Klimaschutz. Das Papier kann hier heruntergeladen werden.

 

Bundestagsantrag ‚Geschlechtergerecht aus der Krise‘

Hinweisen möchten wir auch auf den Antrag "Geschlechtergerecht aus der Krise", den Abgeordnete der Grünen im Bundestag einen eingebracht haben. Dieser fordert u.a., dass „mit der Vorlage von Geschlechtergerechtigkeits-Checks alle bestehenden und kommenden Krisenmaßnahmen und Gesetzesvorschläge auf ihre unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen auf Frauen und Männer geprüft werden. Dazu soll eine Stabsstelle im Kanzleramt errichtet werden, an die eine interministerielle Arbeitsgruppe angegliedert ist.“

 

Kleine Anfrage im Bundestag 'Geschlechtsspezifische Unterschiede im Steuerrecht'

In Bezug auf Gender Budgeting ist auch die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zu geschlechtsspezifischen Unterschieden im Steuerrecht interessant. Erschreckend die geringe Verfügbarkeit von Daten, die - wenn überhaupt - nur nach Männern und Frauen disaggregiert sind. Ebenso erschreckend die Antworten auf Fragen zu steuerlichen Wirkungen der E-Mobilität und des Klimaschutzprogramms 2030: In beiden Fällen lautet die lapidare Antwort „Unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Lebenssituation von Frauen und Männern sind keine Auswirkungen erkennbar, die gleichstellungspolitischen Zielen gemäß § 2 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien zuwiderlaufen“ (S. 13). Im Ernst?

 


 

Neues auf der genanet- Webseite

Neben dem im Frühjahr eingerichteten Seitenbereich zu den Genderaspekten der Coronakrise mit Verweisen auf Artikel, Analysen und Forderungen (LINK), befasst sich ein weiterer neuer Bereich mit Instrumenten zum Gender Mainstreaming. Neben einführenden allgemeinen Informationen finden sich zu den Instrumenten die entsprechenden Leitfäden, Beispiele und Literaturverweise. Aktuell sind das Gender Impact Assessment und Gender Budgeting, eine Erweiterung um weitere Instrumente und Ergänzung der bereits bestehenden Seiten ist geplant.

 


 

Erste Gleichstellungsstrategie der Bundesregierung

Das Bundeskabinett hat Anfang Juli 2020 eine nationale Gleichstellungsstrategie verabschiedet. Laut dieser Strategie plant das BMU eine Genderstrategie für Umwelt-, Natur- und Klimaschutz. Geschlechterperspektiven und -wirkungen sollen im Rahmen einer ausdifferenzierten Umweltpolitik zu einer größeren sozialen Gerechtigkeit für alle Geschlechter beitragen. „So können beispielsweise gender­sensible Maßnahmen zur Anpassung an und zur Minderung des Klimawandels entwickelt werden“ (S.116).

Bleibt zu hoffen, dass die anderen Ministerien, die mit Klimaschutz befasst sind (Landwirtschaft und Ernährung, Verkehr, Wirtschaft, Innenministerium etc.), sich diesem Beispiel anschließen.

Wir sind gespannt, wie sich die Strategie im Klimaschutzprogramm 2030 (und 2050) und deren Maßnahmen und Strukturen niederschlägt.

 


 

Frauen und Gleichstellung im Meeresschutz

Baltic Gender: Mehr Gleichstellung der Geschlechter im Meeresschutz

Das Projekt Baltic Gender haben acht wissenschaftliche Einrichtungen aus den fünf Ostsee-Anrainerstaaten Schweden, Finnland, Estland, Litauen und Deutschland vier Jahre lang zusammengearbeitet, um die Männerdominanz in der Forschung zum Meeresschutz aufzubrechen. Als wichtigste Innovation wurde bei der Abschlusstagung eine neue Methodik, GenderWave, vorgestellt. Mit ihr wird untersucht, wie die Gender-Perspektive in die Inhalte der Meeresforschung integriert werden kann.

GenderWave enthält eine Liste von Fragen, die mit einführenden Texten und Beispielen ausgearbeitet wurde und die von Meeresforscherinnen und -forschern bei der Gestaltung ihrer Projekte verwendet werden kann.

Seit August 2020 steht das Instrument auch als digitale Anwendung zur Verfügung: http://oceanrep.geomar.de/50308/1/GenderWave_FINAL_11.08_page%20numbering.pdf

Ein Überblick über die Ergebnisse und Publikation findet sich hier https://www.baltic-gender.eu/de/outcomes;jsessionid=B8445E47D7E974FF83FD73FC204875E3

 

EXXpedition": 300 Frauen umsegeln die Welt und forschen zum Meeresschutz

"EXXpedition" ist eine interdiziplinäre Umweltinitiative, die zu den Ursachen von und Lösungen für die Verschmutzung der Weltmeere forscht. 300 Frauen aus allen Teilen der Erde umsegeln in 38.000 Seemeilen von Oktober 2019 bis Oktober 2022 (wegen der Corona-Pandemie wurde der Zeitraum um ein Jahr verlängert) die Welt, um die Auswirkungen von Plastik auf die Umwelt und der Chemikalien auf den menschlichen Organismus zu untersuchen.

Dabei stehen vor allem frauenspezifische Erkrankungen im Fokus. Dies wird mit den XX für die weiblichen Chromosomen symbolisiert, die sich im Namen der Initiative wiederfinden. EXXpedition will Frauen mobilisieren, sich in den Naturwissenschaften (MINT- Fächer) und dem Segelsport zu engagieren und damit auch für mehr Diversität im Meeresschutz beizutragen.

Weitere Informationen

 

Eine der beteiligten Frauen, die den Einsatz für Meeresschutz mit Menschen- und speziell Frauenrechten verbindet, ist Tharaka Sriram. In einem Interview kann nachgelesen werden, wie sie von ihrem Einsatz für Frauenrechte zum Meeresschutz kam.

https://www.brigitte.de/aktuell/gesellschaft/tharaka-sriram---ich-moechte-mein-leben-der-umwelt-widmen--11807490.html

 


 

Naturbewusstseinsstudie 2019 mit Genderdaten

Seit zehn Jahren führen das BMU und BfN alle zwei Jahre eine Naturbewusstseinsstudie durch. Die Ergebnisse werden u.a. nach Geschlecht disaggregiert. Stärker noch als bei der Umweltbewusstseinsstudie zeigen sich darin die klassischen und tradierten Geschlechterrollen und -identitäten: Frauen interessieren sich für Blühpflanzen, Männer für Reptilien und Spinnen.

Tatsächlich, oder spiegelt das nicht vielmehr die Erwartungen an die Geschlechter wider? Ebenso klassisch und traditionell ist die Begrenzung von Geschlecht auf Männer und Frauen. Wird Zeit mal darüber nachzudenken, wie Daten zur Kategorie Geschlecht inklusiver erhoben werden können.

Die Studie zum Download

 


 

Neue Studie: Frauen in der Energiewende

Bisherige Studien weisen darauf hin, dass Frauen in der Umwelt- und Klimabewegung sehr aktiv, im Bereich der Bürgerenergie aber deutlich unterrepräsentiert sind.

The World Wind Energy Association (WWEA) und der Landesverband Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW) untersuchen daher in einer neuen Studie die Rolle von Frauen bei den Erneuerbaren Energien.

Die Energiewende hat ihre Dynamik immer von unten nach oben entwickelt - engagierte Bürger*innen haben die Energiewende überhaupt erst ins Rollen gebracht. Die Analyse der Geschlechterverteilung im Bereich der Bürgerenergie ist daher ein wichtiger Baustein, um diese Dynamik besser zu verstehen und zu verstärken", erklärt der Generalsekretär der WWEA, Stefan Gsänger. Bürgerenergie ist ein Schlüsselelement für eine erfolgreiche Energiewende, bei dem es keine geschlechtsspezifischen Unterschiede geben sollte, ergänzt Madeline Bode, Referentin Energiewirtschaft und -politik am LEE NRW.

 

Die ersten Ergebnisse der Studie werden auf zwei kommunalen Energiesymposien im Frühjahr 2021 und 2022 veröffentlicht und diskutiert. Im weiteren Verlauf sollen Wege analysiert und Vorschläge gemacht werden, wie das derzeit vermutete Ungleichgewicht reduziert werden kann.

 

Weitere Informationen

 


 

Geschlechtsspezifische Unterschiede bei der Akzeptanz von Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen

Ergebnisse aus ihrer quantitativen und qualitativen Forschung zur Akzeptanz von Klimaschutzmaßnahmen hat Jana Faus von pollytix strategic research auf einem Frauen-Vernetzungstreffen mit Umweltministerin Svenja Schulze vorgestellt. Nun bestätigen unzählige Befragungen aus allen Teilen der Welt (siehe z.B. unseren Forschungsreview zum Klimaschutz, S. 21ff) immer wieder das höhere Risikobewusstsein von Frauen, das sich auch bei der Wahrnehmung des Klimawandels widerspiegelt, ihre höhere Akzeptanz von Maßnahmen zum Schutz des Klima bzw. zur Reduktion von CO2-Emissionen und auch ihre höhere Bereitschaft, selbst etwas zum Klimaschutz beizutragen. Dass eine dezidierte Verbindung hergestellt wird zwischen Ressourcen (Zeit, Geld und kognitive Fähigkeiten) einerseits und Problembewusstsein andererseits ist zumindest für Deutschland neu. Nicht verwunderlich ist, dass das Cluster der „Ideologisch Skeptischen“ eher männlich, weiß, mit hohem Bildungsgrad, gut verdienend ist. Umgekehrt findet sich unter denjenigen mit hohem Problembewusstsein, unterdurchschnittlicher Ressourcenausstattung und der gleichzeitigen Bereitschaft klimapolitische Maßnahmen zu unterstützen, überdurchschnittlich viele Frauen. Das konnte bisher mit vorhandenen Untersuchungen zwar vermutet, aber nicht belegt werden. Diese Erkenntnisse politisch zu adressieren könnte auch zu einer Stärkung der Frauen beitragen.

 

Bis zur Veröffentlichung müsst ihr euch/müssen Sie sich noch bis 2021 gedulden – wir sind schon mal gespannt darauf.

 


 

Leseempfehlungen

LAGEN, die Landesarbeitsgemeinschaft der Einrichtungen für Frauen- und Geschlechterforschung in Niedersachsen, stellt einmal im Monat ein Mitglied in einem Interview, der sog. LAGE(N)besprechung vor. Das Interview mit Corinna Bath möchte ich ausnahmsweise herausheben, weil ihre Arbeit viele Berührungspunkte zu Klima und Nachhaltigkeit hat (was nicht heißen soll, dass die anderen Interviews nicht ebenso spannend sind!).

LAGE(N)besprechung #18. Stina Mentzing im Gespräch mit Corinna Bath, Maria-Goeppert-Mayer-Professorin für Gender, Technik und Mobilität TU Braunschweig und Ostfalia Hochschule für Angewandte Wissenschaften

 

Ökologisches Wirtschaften, Heft 3/2018, zu Gender und Nachhaltigkeit

Das Heft ist jetzt im open access verfügbar https://www.oekologisches-wirtschaften.de/index.php/oew/issue/view/149

 


 

Impressum

genanet - Leitstelle Gender, Umwelt, Nachhaltigkeit

c/o GenderCC - Women for Climate Justice e.V.

Anklamer Str. 38

10115 Berlin

Redaktion: Ulrike Röhr

leitstelle@genanet.de

www.genanet.de

 

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