Green Economy gender_gerecht
20 Jahre nach der legendären UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro fand an gleichem Ort 2012 wieder eine UN-Konferenz zu nachhaltiger Entwicklung statt. Rio+20 der folgerichtige Titel, inhaltlich stellte sie sich allerdings etwas eingeschränkter dar: Green Economy im Zusammenhang mit nachhaltige Entwicklung und Armutsbekämpfung war eines der Themen, institutionelle Rahmenbedingungen für nachhaltige Entwicklung (Governance) das andere.
Wir haben beobachtet, dass die Diskussionen völlig ohne Einbeziehung der Genderperspektive stattfanden, deshalb haben wir das Projekt Green Economy gender_gerecht ins Leben gerufen.
Das Thema Green Economy - oder auch der Green New Deal - brannte uns schon etwas länger unter den Nägeln, weil hier einmal mehr die Zukunft fast gänzlich unter Ausschluss von Frauen diskutiert wird. Anders als bei der von der Bundesregierung eingesetzten Enquete-Kommission zu Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität - in die zunächst ausschließlich männliche Experten berufen wurden und erst nach massiven Protesten eine weibliche Expertin nachnominiert wurde - gab es dazu keinen Aufschrei und keine Forderungen, die Frauen- und Genderperspektiven einzubeziehen. Wir fanden das verwunderlich und befanden, dass das Thema den Frauenorganisationen näher gebracht werden müsse.
So wurde das Projekt "Green Economy Gender_Gerecht" geboren, das, unterstützt vom BMU/UBA, am 1.4.2011 seine Arbeit aufnahm. Mit dabei sind als Kooperationspartner der Deutsche Frauenrat, der Frauenpolitische Rat Land Brandenburg, die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands und der Verband Deutscher Unternehmerinnen. Das Projekt sollte dazu beitragen, die Konzepte und Diskussionen über eine Green Economy geschlechtergerecht zu gestalten, und deren lebensweltlichen Bezug herzustellen; es sollte Frauen(verbände) dazu motivieren, sich aktiv an dem Meinungsbildungs- und Transformationsprozess zu beteiligen und zu diskutieren, was Frauen zu nachhaltigem Konsum und nachhaltiger Produktion beitragen können und auch umgekehrt, wie sie von dem Transformationsprozess profitieren können. Zum Abschluss des Projektes (Juni 2012) wünschten wir uns, dass konkrete Umsetzungsinitiativen angeregt werden, die als Leuchtturmprojekte wirken.
Gemeinsam mit diesen Partnerinnen und weiteren Expertinnen aus dem Bereich Konsum und feministische Ökonomie wurden Informationen erstellt und Eckpunkte diskutiert, wie eine "Grüne Ökonomie" aus der Genderperspektive aussehen sollte. Dabei kann und darf es nicht nur um eine umwelt- und ressourcenschonendere Produktion gehen, sondern um ein grundlegend anderes Verständnis zukünftigen Wirtschaftens, um den lebensweltlichen Bezug der Wirtschaft, der selbstverständlich den Bereich der Care-Ökonomie gleichwertig zur industriellen Produktion setzt. Ein Konzept, das sich vom Wachstumszwang abwendet, und Wohlstand neu definiert.
- Abschlussbroschüre zu Gender_Gerechter Green Economy
"Nicht einfach grüner, sondern anders. Auf dem Weg in eine ressourcenschonende und gerechte Gesellschaft" lautet der Titel der Broschüre, mit dem das Projekt Green Economy Gender_Gerecht nicht nur seine Ergebnisse zusammenfasst und vorstellt, sondern auch anhand von Beispielen zeigt, wie die Umsetzung geschlechter_gerechten und nachhaltigen Wirtschaftens aussehen könnte.
Einen Blick in das Inhaltsverzeichnis können Sie hier werfen. Die gesamte Broschüre können Sie sich hier ansehen (und runterladen).
Die gedruckte Version der 40-seitigen Broschüre ist leider vergriffen.
- Diskussionspapier Green Economy Gender_Gerecht
In dem vom Beirat erstellten Diskussionspapier sind aus feministischer Sicht wichtige Eckpunkte sowie zentrale Herausforderungen einer sozial-ökologischen Transformation im Wirtschaften formuliert. Es dient zum Einlesen in die Thematik Green Economy und als Anregung zur Diskussion.
Das Papier können Sie hier herunterladen.
genanet hat eine ergänzende Stellungnahme zu dem Diskussionspapier verfasst, die Sie hier herunterladen können.
Auf seiner Mitgliederversammlung am 12. und 13.11.2011 hat der Deutsche Frauenrat mit großer Mehrheit Eckpunkte zur Diskussion über eine Green Economy verabschiedet.
- Hintergrundpapier: Zum Verhältnis von Gender, Green Economy und Finanzmärkten
In diesem Hintergrundpapier wird beleuchtet, warum nachhaltiges, geschlechter_gerechtes Wirtschaften eine andere Gestaltung der Finanzmärkte braucht.
Gülay Çağlar, Daniela Gottschlich und Friederike Habermann kritisieren, dass in den Konzepten zur Green Economy die Krisen des neo-liberalen Finanzmarktkapitalismus und ihre Auswirkungen auf die unmittelbaren Lebenszusammenhänge kaum in den Blick genommen werden. Diese Blindheit sind kein Zufall, sondern Teil eines problematischen Verständnisses von Ökonomie, die alle nicht-marktvermittelten Tätigkeiten systematisch ausgeblendet.
Ansätze, die zu einer geschlechter_gerechten nachhaltigen Wirtschaftsweise beitragen wollen, müssen daher nicht nur das Ganze der Arbeit und die Zusammenhänge zwischen Markt- und Sorgeökonomie neu denken und gestalten, sondern auch Finanzmärkte in den Dienst sozial-ökologischer Transformation stellen.
Download des Hintergrundpapiers "Zum Verhältnis von Gender, Green Economy und Finanzmärkten"
- Hintergrundpapier zu Konsum und Green Economy
In diesem Hintergrundpapier erörtert Ines Weller die Rolle privater KonsumentInnen in einer Green Economy. Sie weist dabei auf die Problematik der Feminisierung und Privatisierung von Umweltverantwortung hin.
Eine grundlegende Voraussetzung für aktives und gestaltendes Konsumverhalten in einer Green Economy ist Transparenz und Information über Produktionswege und -mittel. Aber nicht nur das Kaufverhalten muss beachtet werden, auch das Nutzungsverhalten von Gütern kann sich in neuen Formen der gemeinschaftlichen Nutzung oder in Do-it-Yourself-Projekten verändern.
Download des Hintergrundpapiers "Green Economy und Konsum: Gender_gerecht?"
- Hintergrundpapier zum Verhältnis von Care und Green Economy
In diesem Hintergrundpapier beschreibt Daniela Gottschlich von der Leuphana Universität Lüneburg, an den Beispielen der Sorge für Ältere und der Sorge für die Natur, wie die Verbindung zwischen Care und Green Economy aussehen könnte - und wirft viele Fragen auf.
Beide Beispiele haben im Vorfeld bereits für viele Diskussionen gesorgt. Genau das wünschen wir uns weiterhin und freuen uns über Rückmeldungen.
Download in Deutsch
Download in Englisch
- Wirtschaften ganz anders. Radikale und feministische Ökonomiekritik an Green Economy
Einmal mehr kritisiert die feministische Ökonomin Elisabeth Stiefel die Geschlechterblindheit der Green Economy, und vor allem, dass die Politische Ökonomie bzw. die etablierte Wirtschaftswissenschaft bis heute keinen Begriff hervorgebracht hat, der die Bedeutung personenbezogener Dienstleistungen für ein "Wohlergehen der Nationen" verdeutlichen würde.
Lesen Sie hier ihren Beitrag bei einer Podiumsdiskussion in Warburg im Januar 2012.
- Die Zukunft, die wir wollen: Eine feministische Perspektive
Im Vorfeld der Rio+20-Konferenz diskutiert Christa Wichterich in ihrem Essay Modelle, welche öko-soziale Nachhaltigkeit und Gendergerechtigkeit vereinen.
Den Essay finden Sie hier.
- Schwerpunktheft des Deutschen Frauenrats zur Green Economy
"Green Economy - Gerechtigkeit oder Begrünung des Kapitalismus?" lautet der Titel der Oktober-Ausgabe (5/2011) der "Informationen für die Frau" des Deutschen Frauenrats. Die Beiträge setzen sich mit sozialen, politischen, ökologischen und ökonomischen Anforderungen auseinander, die den Weg zu einer umwelt- und geschlechtergerechten Wirtschafts- und Lebensweise weisen.
Weitere Informationen
- Artikel über Geschlechtergerechtigkeit und Green Economy
Catrin Becher vom Deutschen Frauenrat hat in der Frühlingsausgabe der Zeitschrift "European's Women's Voice" einen Artikel zu Geschlechtergerechtigkeit und Green Economy verfasst. Darin wird auch auf das Projekt und die bisher erschienenen Papiere verwiesen. Die Zeitschrift erscheint vier Mal im Jahr und wird von der European Women's Lobby (EWL) herausgebracht.
Die Homepage der EWL finden Sie hier, die Zeitschrift kann hier heruntergeladen werden (Artikel von Catrin Becher auf den Seiten 20-22).
- Wirtschaftliches Wachstum und Geschlechterverhältnis
"Was wächst, wenn die Wirtschaft wächst, und was geht dabei verloren?" Mit dieser Frage beginnt Elisabeth Stiefel ihr Diskussionspapier für die Enquête-Kommission Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität - Wege zu nachhaltigem Wirtschaften und gesellschaftlichem Fortschritt in der Sozialen Marktwirtschaft.
Der Text beleuchtet die Diskrepanz zwischen den Theorien der Wachstumsökonomie und den Bedingungen für ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis als Voraussetzung für eine gedeihliche Zukunft.
Das Diskussionspapier ist hier verfügbar.
- Heizen Frauen das Wachstum an?
Die Soziologin Jutta Allmendinger sprach vor der Wachstumskommission. Aber deren Mitglieder verstanden sie nicht. Heizen Frauen das Wachstum etwa an?
So beginnt die taz ihren Artikel über den Beitrag von Frau Allmendinger" zu einem möglichen Zusammenhang zwischen dem gesellschaftlichen Ziel Wirtschaftswachstum und dem Geschlechterverhältnis" (Zitat von der Webseite des Bundestages). Eine Videoaufzeichnung des Vortrages von Frau Allmendinger ist auf der Webseite der Enquete-Kommission Wohlstand, Wachstum, Lebensqualität zu finden.
- Versorgungsökonomie & 'Green New Deal'
Die Frage, wieviel Care Ökonomie im Green New Deal steckt, beschäftigt das Gunda-Werner Institut der Heinrich Böll Stiftung. Erste Antworten darauf finden sich hier.
- Fachgespräch: Genderstrategien nach Rio+20
Nach Abschluss der Rio+20-Konferenz, der UN-Konferenz für nachhaltige Entwicklung, stellten wir uns die Frage, was die (schwachen) Ergebnisse und Diskussionen vor Ort für die Arbeit von Frauenorganisationen und Genderexpert_innen hier in Deutschland bedeuten?
Dazu berichtete Sascha Gabizon (Koordinatorin der Major Group Women beim Rio-Prozess) von den Erfahrungen vor Ort und Christa Wichterich (WIDE, Journalistin und freie Gutachterin) analysierte die Ergebnisse und gab Anregungen für die mögliche Weiterarbeit. Vertreterinnen des Deutschen Frauenrats und der AG Frauen im Forum Umwelt & Entwicklung formulierten ihre möglichen Schritte zur Weiterarbeit. Diskutiert wurde über die erforderlichen Schritte auf dem Weg in die "Zukunft die WIR wollen", sowohl auf der strukturellen wie auf der inhaltlichen Ebene.
Die Präsentation von Christa Wichterich können Sie hier herunterladen, einen ersten Bericht über das Fachgespräch und seine Ergebnisse hat Ulrike Helwerth für die Webseite des Deutschen Frauenrats erstellt.
Einen längeren Bericht können Sie hier herunterladen.
- Green Economy ist mehr als das Begrünen der Güterproduktion
Der Deutsche Frauenrat lud die ParlamentarierInnen des Deutschen Bundestages am 10.5.12 zu einem Parlamentarischen Frühstück zum Thema Grüne Ökonomie und Geschlechtergerechtigkeit. Rund 40 Bundestagsabgeordnete aller Fraktionen folgten der Einladung und diskutierten die gemeinsam vom Deutsche Frauenrat, genanet, der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschland, dem Brandenburger Frauenratschlag und dem Deutschen Unternehmerinnenverband erarbeiteten Positionen zum Thema nachhaltiges und soziales Wirtschaften.
Die Kernpunkte und die Diskussionsbeiträge der Abgeordneten können Sie hier nachlesen.
- Abschluss-Erklärung der Frauen zu den Rio+20 Ergebnissen
In ihrer abschließenden Erklärung äußert die "Major Group Women" ihre Enttäuschung und Empörung über die Ergebnisse der Rio+20-Konferenz. Sie klagen: "Bei Rio+20 hatten die Regierungen die historische Chance, mutige Schritte zu unternehmen, um Armut und Umweltzerstörung zu beenden, um die Rechte der verletzlichsten Teile unserer Bevölkerung sicherzustellen sowie um konkrete Maßnahmen zu unternehmen, um Frauenrechte und den Anspruch auf Frauen in Führungspositionen voll umzusetzen. Stattdessen riskieren wir jedoch zunehmende Armut, Ungleichheiten und unwiderrufliche ökologische Schäden. Dies ist nicht die Zukunft, die wir wollen und nicht die Zukunft, die wir brauchen."
Das vollständige Statement ist hier in Deutsch, Englisch, Spanisch und Französisch herunterzuladen.
DAWN - Development Alternatives with Women for a New Era - hat das Abschlussdokument analysiert und kritisiert, dass die grundlegenden Ursachen der multiplen Krisen, mit denen wir konfrontiert sind, nicht adressiert werden, dass die ungleiche Verteilung der Belastungen durch die zunehmende Versorgungsarbeit und die Rechte der Frauen im Konzept der Green Economy nicht wahrgenommen werden.
Die Analyse kann in Englisch hier heruntergeladen werden.
- Ernüchternder Entwurf für Abschlussdokument
Noch bevor die Konferenz in Rio offiziell startet haben sich die ca. 180 Teilnehmerstaaten auf den Entwurf eines Abschlussdokuments geeinigt, das jedoch nicht ansatzweise geeignet ist, den Krisen wirkungsvoll zu begegnen. Grünes Wachstum wird darin als Ziel gesetzt, wie die einzelnen Staaten dieses umsetzen, bleibt aber weitgehend ungeregelt. Manche sprechen von einem Minimalkonsens, andere attestieren dem Gipfel bereits ein Scheitern. 20 Jahre nach dem ersten Treffen sind keine neuen Impulse für Umweltschutz oder soziale Gerechtigkeit gegeben worden und Umweltorganisationen wie soziale Bewegungen wehren sich bereits heftig gegen die vermeintliche "Future we want".
Das Dokument können Sie hier einsehen.
- Veranstaltungskalender der Women Major Group
Um sich eine Vorstellung von der großen Anzahl und Bandbreite der Themen zu machen, die die Women Major Group bei der Rio+20 Konferenz in Brasilien adressierte, verweisen wir auf die Homepage der Major Group.
Außerdem fand in Rio vom 15. bis 22. Juni 2012 der "People's Summit for Social and Environmental Justice" statt. Eine große Zahl brasilianischer und internationaler Frauennetzwerke hatte dort einen Raum für Austausch und Debatten geschaffen, das "Global Women's Territory".
- Outreach
Eine Einschätzung des Stands der Verhandlungen findet sich auf der letzten Seite des während der RIO+20 Konferenz täglich erschienenen Magazins "OUTREACH", das auch darüber hinaus interessante Artikel und Einschätzungen der NGO's zu den Rio-Themen bereitstellt.
- Die Globale Frauenbewegung auf dem Weg zu Rio+20
Die UN-Konferenz zu nachhaltiger Entwicklung (Rio+20) fand vom 20. bis 22. Juni 2012 in Rio de Janeiro statt, 20 Jahre nach dem historischen Weltgipfel. Die Beteiligung von Frauen an diesem Prozess und ihr Beitrag zu den Themen war entscheidend für den Erfolg der Konferenz. Die offizielle Beobachtergruppe der Frauen (Women Major Group/Rio+20 Steering Committee) unterstützte die Vernetzung von Frauen, Männern, Organisationen und sozialen Bewegungen aus allen Ecken der Welt, die sich für ein geschlechtergerechtes Rio+20 einsetzen.
Der Entwurf eines Positionspapiers wurde vorab veröffentlicht, eine deutsche Übersetzung haben wir angefertigt. Sie kann hier heruntergeladen werden.