Gender bei den internationalen Klimaverhandlungen
Bei der Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung, die 1992 in Rio de Janeiro stattgefunden hat, wurden neben der allseits bekannten, aber leider rechtlich nicht verbindlichen Agenda 21 auch drei verbindliche Konventionen verabschiedet. Eine dieser Konventionen ist die Klimarahmenkonvention (UNFCCC), die sich dadurch auszeichnet, dass sie als einziges der in Rio verabschiedeten Abkommen keinerlei Bezug zu Frauen- oder Genderaspekten aufwies.
Der ungebremste Konsum in den Ländern mit mittleren und hohen Einkommen und der damit ver-bundene Ausstoß klimaschädigender Gase haben dazu geführt, dass der Klimawandel zu einer der größten ökologischen Krisen unserer Zeit zu werden droht. Diese Krise zu mindern, aber auch die Anpassung an die mit dem Klimawandel einhergehenden Veränderungen voranzutreiben, ist eine der Hauptaufgaben der Umweltpolitik. Diese Aufgabe zu bewältigen wird nur gelingen, wenn sie Gerechtigkeit - einschließlich der Geschlechtergerechtigkeit - als handlungsleitendes Grundprinzip anerkennt.
genanet ist seit vielen Jahren bei den internationalen Klimaverhandlungen aktiv und war gemeinsam mit GenderCC - Women for Climate Justice und LIFE e.V. eine der Hauptakteurinnen bei der Beantragung der Women und Gender Constituency im UN-Klimaprozess. Die Klimaverhandlungen sind zäh, das geht jedes Jahr aufs Neue durch die Presse. Die Genderperspektive, oder das, was von den Verhandler_innen darunter verstanden wird, hat in den letzten Jahren zunehmend an Aufmerksamkeit gewonnen. Einen umfassenderen Einblick in die Thematik bekommen Sie auf der Webseite von GenderCC, dem von uns mitgegründeten internationalen Verein, oder auf der Webseite der Women & Gender Constituency.
Weitere Informationen zu Klima und Energie finden Sie auf den jeweiligen Themenseiten.
- GenderCC – Women for Climate Justice: Das von LIFE e.V./genanet mitgegründete globale Netzwerk von Frauen und Genderexpert_innen hat seine Arbeit bei der COP9 in Mailand aufgenommen und sich seither laufend vergrößert. Das Netzwerk zielt einseits darauf ab, Gender Mainstreaming in den UNFCCC-Verhandlungen und in nationalen Klimaschutzdebatten zu stärken, die effektive Einbindung von Frauenorganisationen und Genderexpert_innen in die Verhandlungen zu fördern, das Bewusstsein über die Zusammenhänge von Gender & Klimaschutz zu schärfen und entsprechende Informationen bereit zu stellen, sowie Positionen zur Klimaschatzpolitik zu entwickeln. Andererseits führt es Projekte durch, die Frauen bei regionalen und lokalen Klimaschutz-/ Klimaanpassungsprojekten unterstützen.
- UNFCCC Women & Gender Constituency ist der Zusammenschluss von Organisationen, die zu Gender und Klima im UNFCCC-Prozess aktiv und als Beobachterorganisationen akkreditiert sind. Auf der Plattform wird über die Aktivitäten bei den Klimaverhandlungen berichtet. Ebenso findet sich hier die Vorstellung von allen Organisationen und Netzwerken, die in der Constituency aktiv sind, wie z.B. WEDO - Women's Environment and Development Organisation, WECF - Women in Europe for a Common Future, LIFE Bildung, Umwelt, Chancengleichheit e.V., ENERGIA - International Network Gender and Sustainable Energy und viele mehr.
Wir verzichten hier auf deren Vorstellung, weil sie auf der Constituency Plattform ausführlich vorgestellt werden.
Frauen – Aktivistinnen, Forscherinnen, Politikerinnen – und einige Frauenorganisationen aus dem globalen Norden haben sich bereits sehr früh auf den Weg gemacht, Genderaspekte in die Klimapolitik und vor allem bei den internationalen Klimaverhandlungen zu thematisieren.
Die erste Phase der Bemühungen, Gender- oder damals noch Frauenaspekte in den Klimadebatten zu thematisieren, begann bereits mit der ersten Vertragsstaatenkonferenz (COP) zur UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC) 1995 und kann bis etwa 2002 datiert werden. Sie war gekennzeichnet dadurch, dass einzelne Personen – Vertreterinnen von Umwelt- und Frauenverbänden – aus der Perspektive der Industrieländer und entsprechend der Verhandlungsthemen vor allem in Bezug auf die Reduktion der CO2-Emissionen frauen- und gleichstellungspolitische Aspekte der Klimapolitik und ihrer Lösungsansätze formulierten. Hintergrund war der Gedanke, dass Feministinnen aus dem globalen Norden einen größeren Beitrag zur Unterstützung der Frauen im globalen Süden leisten können, wenn sie die Geschlechteraspekte der Klimadebatten in den Verursacherländern aufdecken und bearbeiten, statt sich (ausschließlich) mit der Situation in den Ländern zu befassen, die unter den Auswirkungen zu leiden haben. Letzteres sollte (und kann) wesentlich fundierter von Frauen vor Ort bearbeitet werden. Das Resultat dieser Bemühungen war ernüchternd: Es gab von den Delegierten – ob aus den Regierungsdelegationen oder den Delegationen der Umweltverbände – weder Aufmerksamkeit noch Unterstützung für diesen Ansatz, sondern bestenfalls Unverständnis oder Ignoranz.
Phase zwei begann damit, dass bei der 9. UNFCCC-Vertragsstaatenkonferenz in Mailand (2003) ein zunächst informelles Netzwerk zu Gender und Klima (GenderCC - Women for Climate Justice) ins Leben gerufen wurde, in dem entwicklungspolitisch aktive Frauen und Männer eine größere Rolle spielten als bei den Debatten der ersten Phase. Damit teilten sich die Diskussionen aus der Genderperspektive in zwei Stränge: Mit Fokus auf die Verminderung des Klimawandels und die dafür eingesetzten Instrumente sowie mit Fokus auf die Auswirkungen des Klimawandels und die Anpassung daran. Die Vulnerabilität von Frauen trat in den Vordergrund, damit einher ging ein deutlicher Anstieg der politischen Aufmerksamkeit für die Unterschiede bei den sozialen Auswirkungen von Klimafolgen insbesondere bezogen auf die Situation von Frauen im Süden. Die Debatten über "Frauen als Opfer des Klimawandels" oder "Frauen, die die Lasten des Klimawandels tragen" waren geboren und manifestierten sich in rasantem Tempo, Diskussionen über die Genderaspekte im Bereich von Verursachung und Problemlösung wurden darüber in den Hintergrund gedrängt.
Phase drei läuft seit der Veröffentlichung des 4. Assessment Reports des IPCC und des Stern Reports 2007, die Klimawandel zum alles beherrschenden Krisenthema der Medien machten und auch die internationale Frauenbewegung sowie die Gender-Abteilungen von Organisationen und Programmen der Vereinten Nationen auf den Plan riefen. Seither hat sich die Aufmerksamkeit für die Genderaspekte des Klimawandels erheblich vergrößert, was sich beispielsweise in weiteren Veranstaltungen zu Gender und Klimaforschung oder den 30 Side Events zeigte, die sich mit der Thematik Gender und Klima bei den UN-Klimaverhandlungen in Durban (COP17, Dezember 2011) befassten oder in der Anerkennung der "Women and Gender NGOs" als eigenständiger Beobachter_innengruppe (Constituency) bei den Verhandlungen.
Fokus auf Vulnerabilität: Voraussetzung für den Erfolg und Falle zugleich
Die Problematisierung der Vulnerabilität von Frauen war einer der wesentlichen Gründe für den Aufmerksamkeitsschub für Genderaspekte in der Klimapolitik. Der (langjährigen) Kritik an der Fokussierung auf die Opferrolle von Frauen wurde mit einer Romantisierung der Frauenrolle begegnet: Das Bild der Frau als "Agent of Change", die klimaschutzrelevantes Wissen aus ihrer alltäglichen Versorgungspraxis bezieht und es als Zuständige für Familie und Gemeinschaftsarbeiten verhaltensbeeinflussend einsetzt, wird vor allem von Politiker_innen gerne bemüht. Auch wenn begründete Zweifel an dessen Realitätsbasis bestehen – als Marketingstrategie für "Gender und Klima" hat das Bild Wirkung gezeigt. Weniger gut gelungen ist das Anliegen, Genderaspekte in den Diskursen um die Verursachung des Klimawandels zu etablieren. Aber auch hier zeigen sich in der letzen Zeit erste Fortschritte. Es ist in erster Linie die wachsende Zahl der Frauen- und Genderorganisationen und ihre Netzwerke (Women & Gender Constituency, Global Gender and Climate Alliance, GenderCC), die das Thema Gender bei den Klimaverhandlungen vorantreiben. Unterstützung bekommen sie dabei von einer wachsenden Zahl von Genderexpert_innen in Regierungsdelegationen – allerdings ist bei der Genderexpertise der Verhandler_innen durchaus noch Luft nach oben.
Seit vielen Jahren ist genanet bei den internationalen Klimakonferenzen präsent, um sich dort für die Integration der Genderperspektive bei den Verhandlungen einzusetzen. genanet ist Mitbegründerin von GenderCC - Women for Climate Justice, dem globalen Netzwerk von Frauen und Genderexpert_innen und eine der Hauptinitiatorinnen der Women and Gender Constituency.
Eingabe an das UN-Klimasekretariat
genanet/LIFE hat im Februar 2015 gemeinsam mit GenderCC beim UN-Klimasekretariat eine Eingabe zum "Lima Work Programme on Gender" gemacht. Die Eingabe umfasst notwendige Schritte für die erfolgreiche Umsetzung des zweijährigen Arbeitsprogramms und für die Integration von Geschlechtergerechtigkeit als Querschnittsaufgabe in alle klimarelevaten Entscheidungen und Verfahren.
Die Eingabe kann hier heruntergeladen werden.
Kein "Wunder von Lima" bei der UN Klimakonferenz
Die letzte UN-Klimakonferenz (COP20) in Lima, Peru hat einmal mehr die Erwartungen enttäuscht: der erwartete und dringend notwendige Schritt in Richtung eines neuen Klimaabkommens mit den erforderlichen Reduktionszielen und Finanzierungszusagen für die am meisten vom Klimawandel betroffenen Entwicklungsländer blieb aus. Jetzt bleiben noch 12 Monate bis zur COP21 in Paris, bei der ein neues Abkommen verabschiedet werden sollte. Wenig - zu wenig? - Zeit, um sich in den entscheidenden Fragen zu einigen?
Aus der Genderperspektive gab es weitere Fortschritte - auch wenn hier mehr erwartet worden war. Das Manko der vor zwei Jahren in Doha verabschiedeten Gender-Entscheidung, bei der im letzten Moment der Begriff gender equality durch Gender Balance ausgetauscht wurde, sollte behoben werden. Aber das gelang nicht. Saudi Arabien machte deutlich, dass sie weder gender equality noch human rights im Text zustimmen werden. Und die EU knickte ein und ließ die Entwicklungs- und Schwellenländer, die sich dafür stark gemacht hatten, im Regen stehen.
Immerhin, es gibt eine neue Entscheidung mit dem Titel „Advancing gender balance and achieving gender-responsive climate change policy under the Convention” (Genderbalance verstärken und gender-berücksichtigende Klimapolitik unter der Klimarahmenkonvention erreichen) in der einige gute und wichtige Elemente enthalten sind. So soll bei dem nächsten Treffen im Juni in Bonn ein Workshop stattfinden, der das Thema Verminderung des Klimawandels, Technologieentwicklung und Technologietransfer aus der Genderperspektive behandelt. Zu dessen Vorbereitung können bis Februar 2015 Stellungnahmen eingereicht werden. Darüber hinaus sollen die Begriffe gender-sensitive und gender-responsive geklärt und mit Inhalt gefüllt werden und einiges mehr. Es gibt also viel zu tun, auf allen Ebenen und vor allem bei der Umsetzung dieser Beschlüsse in Deutschland. Da hinkt das Bewusstsein für eine gendersensible Klimapolitik im eigenen Land der Unterstützung, die man für gendersensible Klimapolitik in Entwicklungsländern zusagt, weit hinterher.
Das "Lima Work Programme on Gender" kann hier heruntergeladen werden.
Gender auf der UN Klimakonferenz (COP19) in Warschau
Die Klimakonferenz in Warschau war auf der einen Seite durch intensive Gender-Debatten gekennzeichnet, auf der anderen Seite dadurch, dass kaum Fortschritte bei den Verhandlungen erzielt wurden. Dies war auch der Grund, warum die sozialen Bewegungen einschließlich der Frauenorganisationen und Umweltverbände am 21.11.2013 das Konferenzzentrum geschlossen verlassen haben.
Side Event beim SB-Treffen in Bonn (Juni 2013)
Am 11. Juni 2013 veranstaltete genanet / LIFE e.V. gemeinsam mit GGCA und WEDO ein Side Event bei der Klimakonferenz in Bonn zum Thema "Gender Innovation: Strategien zur Berücksichtigung von Gender in der Klimapolitik" ("Gender innovation: strategies to address 'gender' in climate change policy").
Das Programm der Veranstaltung können Sie hier herunterladen (auf Englisch).
Die einzelnen Präsentationen des Side Events sind ebenfalls (auf Englisch) verfügbar:
The social construction of climate change, Dr. Sybille Bauriedl (Universität Kassel)
Gender stereotypes in (international) climate change policies. How the prevalent use of 'gender' might perpetuate and reinforce traditional gender roles, Emilia Reyes (Equidad de Genero) und Bridget Burns (WEDO)
Gender and transition in climate governance. The relation between nominal and substantive representation in Scandinavian climate policy-making, Dr. Gunnhildur Magnusdottir (Universität Malmö)
Mitschrift der Veranstaltung von Sandra Baethge
Frauen-/ Genderaktivitäten bei der UNFCCC COP18 in Doha (2012)
Es begann mit einem Paukenschlag: der 27. November 2012, der 2. Tag der 18. Vertragsstaatenkonferenz zur Klimarahmenkonvention, wurde zum Gender-Tag erklärt. LIFE e.V. hatte sich dafür mit GenderCC, WEDO und GGCA zusammengetan um gemeinsam in einem dreistündigen Event zu diskutieren, wie innovative Durchbrüche für die Geschlechtergerechtigkeit bei den Klimaverhandlungen und in der nationalen Klimapolitik zu erzielen sind. Bei der mit 200 Personen sehr gut besuchten Veranstaltungen diskutierten zunächst in einem High-Level Panel die Umweltministerin von Mosambique Alcinda Albreu , die Leiterin des UN-Klimasekretariats Christiana Figueres und die ehemalige Irische Ministerpräsidentin und ehemalige UN-Menschrechtskommissarin Mary Robinson über den grundsätzlichen Wandel, der nötig ist um Gendergerechtigkeit zu erreichen. "We can use any desk that we sit at to move this agenda forward – change is difficult, but we can’t give up", appellierte Christiana Figueres an alle Teilnehmenden. Es folgte ein Paneldiskussion mit NGO-Vertreterinnen aus verschiedenen Weltregionen und mit unterschiedlichen thematischen Schwerpunkten, und endete mit "Innovation Hubs", bei denen in kleineren Gruppen über die wichtigsten nächsten Schritte diskutiert wurde.
Der Bericht (in Englisch) über die Veranstaltung kann hier heruntergeladen werden.
Neben diversen Interventionen, die von Vertreterinnen der Frauen- und Gender-Community bei den Verhandlungen abgegeben wurden, sei hier vor allem die Aktion "Not in my Name" genannt, mit der wir im Namen vieler Frauen und Frauenorganisationen die VerhandlerInnen afforderten, endlich voranzuschreiten und sich auf einen Klimaschutz zu einigen, der seinen Namen auch verdient. Ansonsten können sie nicht sagen, dass sie im Namen ihrer Bevölkerungen verhandeln.
Klimakonferenz in Doha 2012: DIE Gender-Konferenz
Wenige Tage auf den Gendertag folgte die Annahme einer Entscheidung, die von der Europäischen Union eingebracht wurde. Sie hat zum Ziel, die Partizipation von Frauen in den Delegationen und Gremien zu verbessern und damit zu einer gender-sensiblen Klimapolitik beizutragen. War das der Durchbruch, den die Frauen- und Genderorganisationen bei ihrer Veranstaltung gefordert hatten? Die Gefühle bei den Frauen- und Genderorganisationen waren gemischt. Natürlich freute man sich über die Aufmerksamkeit, die das Thema erhielt und darüber, dass es nun auch formal auf der Tagesordnung steht. Es gab aber auch Befürchtungen, dass mit dieser Entscheidung das Thema gendergerechte Klimapolitik auf die Beteiligung von Frauen reduziert werden könnte. Die Beteiligung von Frauen, so die einhellige Meinung der Organisationen, ist EIN wichtiger Baustein, aber dieser allein führt nicht automatisch zu gendersensiblerer Klimapolitik. Der Text der Entscheidung lässt Raum für Interpretationen. Er lässt sich positiv interpretieren als Katalog von Maßnahmen in Richtung einer gendersensiblen Klimapolitik. Schließlich wird neben der Berichterstattung über die Beteiligung von Frauen und Männern die Genderthematik ein eigenständiger Punkt auf der Tagesordnung der Klimakonferenzen – bisher wurden Genderaspekte unter "Anderes" diskutiert – sowie ein Workshop zum ausgewogenen Geschlechterverhältnis im UNFCCC Prozess, gendersensibler Klimapolitik und zu Bildungsmaßnahmen zur Verbesserung der Beteiligung von Frauen. Es war allerdings zu befürchten, dass das Klimasekretariat und die Regierungen dieser Lesart nicht folgen und nur den Aspekt der Beteiligung wahrnehmen. Die jahrelangen Bemühungen der Gender- und Frauenorganisationen, sehr konkrete Vorschläge für die verschiedenen Verhandlungstexte zu machen, wären damit zunichte gemacht worden. Einig waren sich die Frauen darin: die Verhandlungenwaren wieder einmal weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Eine gendersensible Klimapolitik macht aber nur dann Sinn, wenn diese auch die nötigen Verpflichtungen bei den Emissionsminderungen oder bei der finanziellen Unterstützung der vom Klimawandel betroffenen Entwicklungsländer eingeht.
Frauen-/ Genderaktivitäten bei der UNFCCC COP17 in Durban (2011)
Auch die 17. Vertragsstaatenkonferenz zur Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen blieb ohne nennenswertes Ergebnis. Zwar wird das allerorten als "Durchbruch" gefeiert, aber kann man die Einrichtung einer "Ad Hoc Working Group on the Durban Platform for Enhanced Action", deren für 2015 anvisierten Ergebnisse nicht vor 2020 in Kraft treten sollen, wirklich ernsthaft als Durchbruch feiern? Für viele Länder ist das eindeutig zu spät, das 2° Ziel wird damit nicht erreicht.Aus der Gender- und Frauenperspektive war die Klimakonferenz verblüffend: Mehr als 30 Side Events befassten sich mit der Frauen-/Genderperspektive - oder gaben dies zumindest vor. Aber ist das als Durchbruch bei der Wahrnehmung der Genderperspektive zu bewerten? Das allmorgendliche Frauentreffen (Women's Caucus) war so gut besucht und so diskussionsfreudig wie nie zuvor. Es beklagte das zunehmende schlichte Hinzufügen von "Frauen und Gender" ohne die erforderlichen grundlegenden gesellschaftlichen und systemischen Transformationen anzusprechen und die Instrumentalisierung der Rollen und Verantwortlichkeiten von Frauen. Deshalb befasste sich eine der eingerichteten Arbeitsgruppen mit den Grundlagen der Klimapolitik aus feministischer Perspektive. Das erarbeitete Diskussionspapier kann hier heruntergeladen werden.Ein tatsächlicher Erfolg war die offizielle Anerkennung der Frauen- und Gender-NGOs als eigenständige Beobachter_innengruppe (constituency), der - dank UN Women - gebührend gefeiert wurde. Dem vorausgegangen waren zwei Jahre der "Erprobung" und des Nachweises, dass die Organisationen wirklich einen zusätzlichen Beitrag zu den Klimaverhandlungen leisten.
Frauen-/ Genderaktivitäten bei der UNFCCC COP16 in Cancún (2010)
Am 3. Dezember 2010 wurde auf einem Side Event bei den Klimaverhandlungen in Cancún über neue und innovative Ansätze der sozialen Dimensionen des Klimawandels diskutiert - Gender Dimensionen konnten dabei natürlich nicht fehlen! BRIDGE und LIFE e.V./genanet veranstalteten eine Podiumsdiskussion mit dem Titel "Innovating and inspiring new thinking on the social dimensions of climate change". Neben diesem Side Event war LIFE e.V./genanet mit einem Informationsstand in Cancun Messe präsent, Vertreterinnen nahmen an der täglichen Frauensitzung (Women's Caucus) teil, verfolgten die Verhandlungen und engagierten sich für geschlechtergerechte Ergebnisse.
Hier finden Sie unsere Presseerklärung direkt nach Abschluss der Verhandlungen am frühen Morgen des 11.12.2010.
Hier finden Sie weitere Stellungnahmen, Positionspapiere und Interventionen, die im Zuge der COP 16 erarbeitet wurden:
Frauen&Gender-Intervention im Eröffnungsplenum der SBSTA
Frauen&Gender-Intervention im Abschlussplenum
Auf dem Weg nach Cancún
Vier Vorbereitungskonferenzen fanden im Vorfeld der COP 16 statt. Im Verhältnis zur investierten Zeit ließen die Ergebnisse sehr zu wünschen übrig. Eine Reihe von Stellungnahmen wurden in den Plenumssitzungen durch Vertreterinnen der Frauen und Gender Beobachtungsgruppe abgegeben:
Stellungnahme im Eröffnungsplenum der AWG-LCA (4.10.2010)
Stellungnahme im Abschlussplenum der AWG-KP13 (6. August 2010)
Stellungnahme im Eröffnungsplenum der AWG-LCA11 (2. August 2010)
Stellungnahme im Eröffnungsplenum der AWG-KP12 (1. Juni 2010)
Stellungnahme im SBSTA-Workshop zu Forschung (3. Juni 2010)
Stellungnahme im Eröffnungsplenum AWG-LCA zur Finanzierung von Klimaschutz (2. Mai 2010) Stellungnahme im Eröffnungsplenum SBI 32 zu Artikel 6: Bildung, Training und öffentliches Bewusstsein (31. Mai 2010)
Darüber hinaus wurden folgende Submissions (schriftliche Eingaben) erstellt, die von der UNFCCC-Webseite heruntergeladen werden können:
Women and Gender Consituency (GenderCC, LIFE e.V., WECF, WEDO): Stellungnahme zur Beteiligung der Zivilgesellschaft an den Klimaverhandlungen
LIFE e.V. und GenderCC: Stellungnahme zur Umsetzung des New Delhi Work Programme (Information, Bildung, Training zu Klimawandle und Klimaschutz)
GenderCC: Stellungnahme zur Umsetzung des Nairobi Work Programme (Anpassung an den Klimawandel)
Frauen-/ Genderaktivitäten bei der UNFCCC COP15 in Kopenhagen (2009)
Vertreter_innen der Zivilgesellschaft mussten den Klimagipfel aus zwei Gründen sehr frustrierend finden: Zum Ersten konnten sich die Regierungen, obwohl sie um die gefährlichen Auswirkungen des Klimawandels wissen und trotz weltumspannender Kampagnen für ein starkes Klimaabkommen, nicht einigen. Zum Zweiten wurde die Zivilgesellschaft in Kopenhagen aus wichtigen Gesprächen, Veranstaltungen und schließlich aus dem Konferenzzentrum schlicht ausgesperrt.
Bezogen auf die Geschlechtersensibilität der Klimaverhandlungen selbst sowie ihrer Inhalte lassen sich allerdings einige Fortschritte feststellen:
Die Anerkennung von "Frauen- und Gender-NGOs" als eigene Interessengruppe durch das Sekretariat der Klimarahmenkonvention schaffte zusätzliche Möglichkeiten, offiziell auf die Verhandlungen Einfluss zu nehmen. Beispielsweise gab es mehrere Möglichkeiten in den Verhandlungen zu sprechen: Zuerst betonte Andrea Guzman, Centoprac Bolivien, in der Arbeitsgruppe zur langfristigen Zusammenarbeit (AWG LCA), dass in einer gemeinsamen globalen Vision auf die zentrale Rolle von Frauen Bezug genommen werden muss. Am 9. Dezember unterstrich Sharmind Neerlomi, GenderCC Koordinatorin aus Bangladesch, gegenüber den Vertragsstaaten des Kyoto Protokolls die Notwendigkeit einer ausreichenden, geschlechtergerechten Finanzierung von Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel. Meena Kunwar von WEDO wies am 12. Dezember das Gremium zur technischen Unterstützung des Prozesses auf die Gefahren von REDD (Emissionsminderung durch Verhinderung von Entwaldung) gerade für Frauen, hin. Bei der Abschlusssitzung der Arbeitsgruppe zum Kyoto-Protokoll am 15. Dezember verdeutlichte Jo Tenner vom Frauenumweltnetz Australien die besondere Bereitschaft von Frauen sich gegen den Klimawandel einzusetzen. Am letzten Tag der Verhandlungen forderte Ulrike Röhr, LIFE e.V./genanet in der Sitzung der Regierungsvertreter_innen diese auf, endlich aktiv zu werden und zog eine erste Bilanz der Klimaverhandlungen aus feministischer und ökologischer Sicht.
Und noch eine positive Veränderung: Die nationalen Delegationen schließen zunehmend Frauen ein, auch in höheren Positionen. Außerdem waren einige Delegationen mit Gender-Beauftragten angereist.
Die Frauen- und Genderorganisationen haben sich aktiv in die Programmgestaltung sowohl im Bella Zentrum, der offiziellen UN-Konferenz, als auch im Klimaforum der Zivilgesellschaft eingebracht. Es ist hier nicht möglich, alle Vorträge, Beiträge und Aktionen aufzuzählen. Ein Glanzpunkt war die Beteiligung einiger Frauen von GenderCC an Auftritten der Irate Panthers, die weites Aufsehen in der Presse erregten.
Auf dem Weg nach Kopenhagen
Eine Reihe von Zwischensitzungen (Ad Hoc Arbeitsgruppen) pflasterten den Weg nach Kopenhagen, um die Verhandlungen für die Klimakonferenz (COP 15) voranzutreiben. Frauen- und Genderorganisationen waren sehr aktiv dabei, was sich auch in der steigenden Anzahl von Ländern zeigte, die Genderaspekte in ihre Reden und Vorschläge aufnahmen, dazu gehörten: Bangladesh, Lesotho (im Namen der am wenigsten entwickelten Länder - LDC), Guatemala (im Namen von Zentralamerika), Kolumbien, Tuvalu, Finnland, Island (mit Norwegen und Dänemark), Georgien (Gemeinschaftsbasierte CDM Projekte) und Algerien (im Namen der Gruppe afrikanischer Länder).
Hier finden Sie die Stellungnahme von LIFE e.v. und GenderCC: Gender Mainstreaming and Beyond - 5 Steps Towards Gender-sensitive Long-term Cooperation.
Frauen-/ Genderaktivitäten bei der UNFCCC COP14 in Posen (2008)
Vom 1. bis 13.12.2008 fand in Posen die 14. Vertragsstaatenkonferenz (COP 14) zur Klimarahmenkonvention statt. genanet hatte in Kooperation mit GenderCC einumfangreiches Programm vorbereitet - darunter eine ganztägige internationale Konferenz, verschiedene Side Events sowie Poster-Präsentationen. Unser Ausstellungstand war ebenso gut besucht wie die täglichen Treffen des von GenderCC organisierten Women's Caucus und die GenderCC-Pressekonferenz, vor der mit einer "Gender Procession" quer durchs Konferenzzentrum dem Thema Gender & Klimaschutz viel Aufmerksamkeit beschert wurde. Auch die vor Ort erdachte Aktion "Emissions down - Women's rights up" war lautstark und erfolgreich!
In Reaktion auf die Diskussionen um den REDD-Mechanismus (Reducing Emissions from Deforestation and Degradation) hat GenderCC eine Stellungnahme abgegeben, in der der mangelnde Einbezug von nicht-marktbasiertem Waldschutz durch Indigene, insbesondere Frauen, kritisiert wird.
Frauen-/ Genderaktivitäten bei der UNFCCC COP13 in Bali (2007)
Aus der Genderperspektive konnte bei der COP 13 ein signifikanter Durchbruch erzielt werden. Zum ersten Mal in der Geschichte der UN-Klimakonferenzen hat sich ein weltweites Netzwerk von Genderexpertinnen und -aktivistinnen gebildet: GenderCC - Women for Climate Justice.
Das Netzwerk hat mehrere Positionspapiere veröffentlicht, die den Zusammenhang von Klimawandel und der Geschlechterfrage verdeutlichen.
Hier finden Sie einen Bericht über alle Frauenaktivitäten bei der COP 13/CMP 3 und Fotos der Veranstaltungen.
Die Aktivitäten von GenderCC bei der COP 13 basierten auf einer Strategie, die von Minu Hemmati bereits Ende 2004 für genanet entwickelt wurde.
Pressekonferenz
GenderCC hat am 7. Dezember eine Pressekonferenz im BICC abgehalten. Die Presseerklärung ist auf Deutsch erhältlich.
Positionspapiere
GenderCC hat im Vorfeld der COP 13 gemeinsam mit anderen Genderorganisationen Positionspapiere vorbereitet. Bei den täglichen Treffen der Gender-/Frauengruppen auf der Klimakonferenz wurden die Positionen überarbeitet und endgültig abgestimmt. Sie wurden am 10.12.07 mit Vertreter_innen der Delegationen und des Klimasekretariats diskutiert. Anwesend waren dabei unter anderem auch die Ministerin für Frauen der Republik Indonesien, die stellvertretende südafrikanische Umweltministerin sowie die Umweltministerin von Fidji.
Frauen-/ Genderaktivitäten bei der UNFCCC COP12 in Nairobi (2006)
Die 12. UN-Klimakonferenz in Kenia hat den Blick auf das Afrika südlich der Sahara gerichtet – auf eine Region, die vom Klimawandel besonders stark betroffen sein wird. Vor allem die Frauen werden dort eine große Rolle spielen: als wichtige Gruppe, die zum einen besonders stark unter den Folgen der globalen Umweltveränderungen leidet, zum anderen ein großes Potenzial aufweist, notwendige Maßnahmen mit zu entwickeln und zu tragen. Wie bereits in den Jahren zuvor hat sich genanet bei der Klimakonferenz dafür eingesetzt, dass neben den eher technokratisch ausgerichteten Verhandlungen auch die sozialen Aspekte des Klimaschutzes wahrgenommen werden und dabei vor allem die Interessen der Frauen.
LIFE e.V./genanet organisierten ein Side Event zu Gender und Klimaschutz, das sehr gut angenommen wurde. Ein Kurzbericht findet sich auf der Seite des Earth Negotiation Bulletin.
Hier finden Sie die Pressemitteilung von genanet zur COP 12.
Am letzten Tag der UN-Klimakonferenz gab Annabell Waititu aus Kenia im Namen von genanet/LIFE e.V. ein Statement im Plenum ab. In ihrem Statement hob sie die Auswirkungen des Klimawandels auf Frauen in Afrika und in anderen Regionen der Welt hervor und unterstrich den dringenden Bedarf an Bildung und Information, Technologietransfer und Ressourcen jeglicher Art für Frauen und vor allem für Frauen in Afrika. Die Frauen, die sich auf der COP12 regelmäßig trafen, fordern einen kreativen und integrierten Ansatz in der Klimapolitik und boten den Regierungen an: "Wenn es euch an Ideen fehlt, die Frauen haben sie und geben sie gern weiter!"
Im Women's Caucus wurden Punkte diskutiert, auf die sich die Lobbyarbeit mit Regierungen während der COP12/COP-MOP 2 konzentrieren sollte. Die Ergbenisse wurden in einem Papier zusammengefasst.
Frauen-/ Genderaktivitäten bei der UNFCCC COP11 in Montreal (2005)
Frauen-Strategietreffen
Bei der COP11 haben wir zu einem ersten Strategietreffen von Frauen zu Gender und Klimaschutz eingeladen, auf dem darüber diskutiert wurde, wie das Gender Mainstreaming bei den laufenden Verhandlungen verbessert und das zukünftige Post-Kyoto-Regime (für die Periode nach 2012) gendersensibel gestaltet werden kann. Ergebnis des Strategietreffens ist das Statement Global warning: Women matter!, das an die Delegierten verteilt wurde.
Forschungsworkshop
Ziel des Forschungs-Workshops Gender und Klimaschutz: Was wissen wir? Was müssen wir erforschen? war es, eine Forschungsagenda zu erarbeiten, die Teil des 4. Assessment Reports des IPCC werden soll.
Climate Talk am Climate Change Kiosk
Zwei "Climate Talks" zu Gender und Klimaschutz wurden auf die Internetseite des Klimasekretariats aufgenommen. In einem sprachen Lena Sommestad, Umweltministerin von Schweden und Rejoice Mabuda-Fahsi, Vize-Ministerin für Umwelt und Tourismus von Südafrika als Verteterinnen des Netzwerks von Umweltministerinnen über "Frauen, Männer und Klimaschutz: Regierungsaktivitäten". Im zweiten widmeten sich Minu Hemmati und Ulrike Röhr als Vertreterinnen von WECF (Women in Europe for a Common Future) und LIFE e.V. dem Thema Gender und Klimaschutz: Warum es einen Unterschied macht.
Statement der Frauen im Plenum
Am letzten Tag der Konferenz hatten wir die Gelegenheit, unsere Anliegen im Plenum zu präsentieren. Minu Hemmati (LIFE e.V./WECF) sprach für die Frauen, die sich auf der COP11 in Montreal versammelt hatten, um Genderaspekte in den Klimaschutz zu integrieren.
Frauen-/ Genderaktivitäten bei der UNFCCC COP10 in Buenos Aires (2004)
Während der Verhandlungen fanden zwei Workshops zu Gender und Klimaschutz statt. Der erste befasste sich schwerpunktmäßig mit der Situation im Süden und Anpassung an den Klimawandel, der zweite mit den Hemmnissen und Widerständen, aber auch positiven Ansätzen der Integration der Genderperspektive in Klimaschutzmaßnahmen und bei den Verhandlungen.
Frauen-/ Genderaktivitäten bei der UNFCCC COP9 in Mailand (2003)
Während der COP9 in Mailand hatte LIFE e.V. gemeinsam mit ENERIGA, dem internationalen Netzwerk Gender und nachhaltige Energie, zu einem informellen Treffen mit dem Titel "Ist Gender ein Thema bei den Klimaverhandlungen?" eingeladen. Dieses Treffen war der Ausgangspunkt für den Aufbau eines Netzwerkes zur Unterstützung des Gender Mainstreaming im Klimaprozess. Mehr als 30 Personen stellten ihre Sichtweisen dar und unterstrichen die mangelnde Gendersensibilität im Klimaprozess. Sie stimmten darüber ein, dass Gender bei den Verhandlungen vollständig fehlt und dass etwas getan werden muss, um die Genderaspekte sichtbarer zu machen. Klimaschutz ist kein genderneutraler Prozess: Die technologischen Entwicklungen und Instrumente, die zur Verminderung der CO2-Emissionen vorgeschlagen werden, haben geschlechterspezifische Ausrichtungen und können Frauen in ihren jeweiligen Situationen negativ oder positiv beeinflussen.
Das Protokoll des Treffens und ein Bericht über das Side Event "Promoting Gender Equality, Providing Energy Solutions, Preventing Climate Change" vom Netzwerk der Umweltministerinnen sind in Englisch verfügbar.
Frauen-/ Genderaktivitäten bei den UNFCCC COPs 1 bis 8 (Überblick)
Einen Überblick über die Partizipation von Frauen im UNFCCC-Prozess bei den COPs 1-9 gibt Ulrike Röhr in ihrem Papier Geschlechterverhältnisse in den internationalen Klimaschutzverhandlungen, das als Beitrag zu dem ISOE Diskussionspapier Nr. 21 "Klimapolitik und Gender: Eine Sondierung möglicher Gender Impacts des europäischen Emissionshandelssystems" erarbeitet wurde.
Weitere Berichte, Bewertungen, Stellungnahmen und Einwendungen von Frauen- und Genderorganisationen bei den Klimakonferenzen finden Sie auf der Webseite von GenderCC.