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genaNews März 2020

Liebe Leserinnen und Leser,

 

In Zeiten von Corona/COVID-19 wird unser aller Leben entschleunigt. Vielleicht ein positiver Aspekt der insgesamt so herausfordernden Pandemie, für die es auch bereits erste Erkenntnisse zu den geschlechtsspezifischen Betroffenheiten und Wirkungen gibt. Betroffen vom Virus sind mehr Männer als Frauen, die Auswirkungen aber gehen eher zu Lasten von Frauen: die Versorgungsarbeit nimmt zu und es wird vermutet, dass sich die Stressbewältigung männlicherseits eher in verstärkter häuslicher Gewalt niederschlägt.

 

Ein positiver Effekt könnte dagegen sein, dass hoffentlich etwas mehr Zeit zum Lesen bleibt. Dieser Newsletter bringt deshalb ungewöhnlich viele Hinweise auf interessante Artikel, Broschüren und Bücher aus unseren Themenfeldern. Viel Spaß beim Lesen und mehren der Erkenntnisse und vor allem: bleiben Sie gesund!

 

Ulrike Röhr, genanet


 

Endbericht Interdependente Genderaspekte der Klimapolitik erschienen

Wir freuen uns, dass nun endlich nach mehr als drei Jahren der intensiven Arbeit und des Diskutierens der Endbericht des im Rahmen der Ressortforschung des Umweltbundesamtes und Bundesumweltministeriums geförderten Forschungsprojektes Interdependente Genderaspekte der Klimapolitik erschienen ist. Besonders hinweisen möchten wir auf die Handlungsbedarfe und Empfehlungen „Mit Gender zu einer ambitionierteren Klimapolitik“ auf den Seiten 23 bis 28 sowie auf die Arbeitshilfe zum Gender Impact Assessment im Anhang des Forschungsberichtes.

Download des Endberichts

 


 

Umstrukturierung der genanet Webseite

Lag bisher der Schwerpunkt der Webseite auf den von genanet durchgeführten Projekten und deren Ergebnissen, so wurde mit der Umstrukturierung der Schwerpunkt stärker auf die Umweltthemen und -handlungsfelder gelegt, zu denen wir aus der Genderperspektive informieren, sowie auf Instrumente zur Integration der Genderperspektive in die Umweltpolitik. Diese Seiten werden in den nächsten Monaten nach und nach neu angelegt oder aktualisiert.

 

Die Erfahrungen, Erkenntnisse und Publikationen aus den Projekten der letzten Jahre sind damit aber nicht in der Versenkung verschwunden, sondern finden sich in der Rubrik Projektarchiv. Sie sind gegliedert in die Rubriken Gender – Klima - Energie, Gender und Konsum sowie Gender, Care und Green Economy bzw. Frauen in der Green Economy.

 

Viel Spaß beim Stöbern und weisen Sie uns gern auf Themen oder Aspekte hin, die Sie hier noch vermissen.

 


 

Geschlechtergerechtigkeit in Umweltverbänden

Manche der Leser*innen mögen sich noch erinnern, dass der DNR Anfang der 2000er Jahre ein Vorhaben mit dem Kurztitel „Gender Greenstreaming“ durchgeführt hat, das sich u.a. mit der Situation von Frauen in Umweltverbänden befasste und wie die Genderperspektive in die Arbeit der Umwelt- und Naturschutzverbände integriert werden kann. 15 Jahre später liegen jetzt neue Zahlen etwas allgemeiner zu Frauen in gemeinnützigen Organisationen vor: In vielen gemeinnützigen Organisationen sind ca. 70% der Angestellten Frauen aber ca. 70% der Führungskräfte Männer. Nicht einmal 10% der deutschen NGOs räumen Frauen faire Aufstiegschancen ein, international  sind es 48,4%. Bei den internationalen Umweltverbänden schafft es Greenpeace international gerade so eben in den positiven (grünen) Bereich, der WWF dagegen ist im tiefroten Spektrum angesiedelt.

 

Für die deutschen Umweltverbände bzw. die deutschen Bereiche der internationalen Umweltorganisationen stellt sich die Situation deutlich schlechter dar: Keiner der Umweltverbände landet im FairShareMonitor in dem wünschenswerten Bereich von unter 15 Punkten. Am wenigsten schlecht schneidet auf einer Skala von Null (fair) bis 100 (unfair) noch die Deutsche Umwelthilfe mit 24,2 Punkten ab, gefolgt vom WWF mit 31, den Naturfreunden mit 33, dem DNR mit 36,6 und als Schlusslicht Greenpeace Deutschland mit 43,1 Punkten. Da ist bei allen deutlich Luft nach unten, also zur Verbesserung!

 

FairShareMonitor für deutsche Organisationen ,

FairShareMonitor für internationale Organisationen

 


 

Repräsentation von Frauen in der Windenergie

In der gesamten Wertschöpfungskette der Windenergie bestehen zwar erhebliche Beschäftigungsmöglichkeiten für Frauen, die globale Windenergiebranche ist jedoch noch weit entfernt von Geschlechtergerechtigkeit. Das zeigt ein neuer Bericht der Internationale Agentur für erneuerbare Energien, IRENA, über die Vertretung von Frauen im Windenergiesektor.

 

Derzeit machen Frauen 32 Prozent der Arbeitnehmer*innen in allen erneuerbaren Energien aus, verglichen mit 22 Prozent in konventionellen Energieindustrien wie Öl und Gas. Dies ergab eine Analyse der IRENA aus dem Jahr 2019. Der Anteil der Frauen im Bereich der Windenergie liegt mit 21 Prozent deutlich niedriger, wie die aktuelle Studie zeigt, die hier heruntergeladen werden kann.

 


 

Nachwuchsforschungsgruppe CoalExit sucht Literatur zu Gender und Kohleausstieg

Die Nachwuchsforschungsgruppe CoalExit an der TU Berlin beschäftigt sich unter anderem mit strukturellen Effekten von Kohleausstiegen weltweit. Im Moment arbeiten die Gruppe an einer systematischen Literaturanalyse rund um Gender und Kohleausstieg. Dabei geht es vor allem darum, inwiefern Kohleausstiege unterschiedliche strukturelle Effekte auf Frauen* und Männer* haben. Außerdem werden die Handlungsräume von Männern* und Frauen* untersucht, ob sie unterschiedliche Interessen haben und inwiefern sie diese in aktiver Partizipation durchsetzen können.

 

Wenn Sie zum oben genannten Themenfeld relevante Literatur(-empfehlungen) kennen oder auf andere Forscher*Innen hinweisen möchten, würden sich die jungen Forscher*innen sehr freuen.

 

Kontakt: jos [at] wip.tu-berlin.de

 


 

UN-Klimakonferenz in Madrid

Die UN-Klimakonferenz in Madrid (COP25) liegt nun schon ein Vierteljahr zurück, und ob die nächste Konferenz in Glasgow im November wie geplant stattfinden kann, steht in den (Corona-)Sternen. Durch die Gender-Medien ging bezgl. COP25 vor allem der Skandal, dass die Presseagentur AP bei einem Foto von fünf Fridays-for-Future-Aktivistinnen eine rausschnitt. „Zufällig“ war das eine Vertreterin aus Uganda. Übrig blieben vier junge weiße Frauen. Die Aufregung war so groß, dass Vanessa Nakate inzwischen weltweit bekannt sein dürfte und so als kleine Entschädigung Popularität erlangte. Aber trotzdem: das geht natürlich gar nicht!

 

Ein positives Ergebnis der 25. Vertragsstaatenkonferenz (COP25) ist die Annahme des 5-Jahres-Gender-Aktionsplans, der die entscheidende Bedeutung der Gleichstellung der Geschlechter für Klimaschutzmaßnahmen hervorhebt und der nun auch in Deutschland umgesetzt werden soll.

 

Ansonsten gab es einen beispiellosen Widerstand der Regierungen gegen die Anerkennung der Zusammenhänge der Menschenrechte mit allen Aspekten der Klimapolitik. So warf der Zusammenschluss der Frauen- und Genderorganisationen im UN-Klimaprozess den Vertragsstaaten in ihrer Abschlusserklärung vor, dass sie sich offensichtlich nur gegenüber dem Patriarchat, Kapitalismus, Militarismus, Kolonialismus, Rassismus und Ökozid verpflichtet fühlen.

 

Weitere Informationen

 


 

Klimawandel und Geschlechterverhältnisse - neuer Wissenschaftlerinnen-Rundbrief der FU Berlin

Der aktuelle Rundbrief der Zentralen Frauenbeauftragten der FU befasst sich schwerpunktmäßig mit dem Thema Gender und Klima. Sybille Bauriedel berichtet über Klimawandel, Migration und Geschlechterverhältnisse, Martin Voss fragt, ob Klimakatastrophen ein Geschlecht haben und Götz Kaufmann ob Klimawandel reine Männersache sei. Weiterhin gibt es ein Interview mit Jungaktivistinnen und einen Bericht von Ulrike Röhr über das Netzwerk GenderCC und die Ergebnisse des Forschungsprojektes zu den Interdependenten Genderaspekten der Klimapolitik.

 

Der Rundbrief kann als PDF heruntergeladen werden.

 


 

Männer, Macht und der Gender Data Gap

Auf Deutsch erschienen ist jetzt das von der Financial Times zum Wirtschaftsbuch des Jahres 2019 gewählte Buch „Unsichtbare Frauen“ der Feministin Caroline Criado-Perez. Der Untertitel „Wie eine von Daten beherrschte Welt die Hälfte der Bevölkerung ignoriert“ gibt einen klareren Hinweis auf den Inhalt.

 

Frauen sind unsichtbar, weil Daten über Männer den Großteil unseres Wissens ausmachen (Klappentext). Criado-Perez erklärt, wie dieses männerdominierte System der Erhebung wissenschaftlicher Daten funktioniert und welche Auswirkungen es hat. Sie belegt diese anhand unzähliger Beispiele aus den Bereichen Politik, Stadtplanung, Umwelt, Medien und Medizin.

 

Die Welt werde von weißen, gesunden Männern, die in 90 % der Fälle aus den USA stammen, für Männer designt, schreibt Criado-Perez: „Das Fehlen der weiblichen Perspektive befördert eine unabsichtliche Verzerrung zugunsten der Männer, die sich selbst - oft ohne böse Absicht - als 'geschlechterneutral' begreifen“ (Seite 13).

 

Sehr zu empfehlen, auch wegen der vielen Beispiele, mit denen die Wirkungen erklärt werden. „Ein Game Changer“, schreibt die britische Zeitschrift The Guardian, „kompromisslos, faktenreich, brillant. Dieses Buch sollte in jedem Bücherregal stehen.“ Dem können wir uns nur anschließen.

 

Caroline Criado-Perez: Unsichtbare Frauen. Wie eine von Daten beherrschte Welt die Hälfte der Bevölkerung ignoriert. btb Verlag, München 2020, 15 €

 


 

Das Geschlecht des Wohnens

Das feministische Magazin an.schläge aus Österreich hat das „Geschlecht des Wohnens. Häuslichkeit & Häuserkampf“ zum Schwerpunkt seiner ersten Ausgabe 2020 gemacht und berichtet in sehr unterschiedlichen Beiträgen über die Beziehung von „Weiblichkeit und Wohnen“. So erinnert ein Beitrag an das Rote Wien und das Kommunenleben, es wird die Initiative Housing for All vorgestellt und feministische „Kitchen Politics“ zwischen Frankfurter Küche und Frauenwohnprojekten präsentiert. Unterlegt wird das Ganze mit Homestories der Redakteurinnen.

 

Interessante Beiträge, bei denen wir aber wie schon fast üblich bei diesem Thema den Bezug zu Umwelt und Klimaschutz vermissen. Schade, ist Wohnen doch für den Klimaschutz eines der wichtigsten Handlungsfelder. Damit zeigt sich auch die Forschungslücke, die hier offensichtlich besteht. Darauf verweisen wir auch in dem demnächst erscheinenden Bericht zu den Interdependenten Genderaspekten der Bedürfnisfelder Mobilität, Konsum, Ernährung und Wohnen als Grundlage des urbanen Umweltschutzes.

 


 

Warum frieren Frauen ständig? Geschlechtsspezifische Realitäten der Energieungerechtigkeit

Unsere energetischen Praktiken, Transportentscheidungen und Konsummuster sind von soziokulturellen Faktoren und Geschlechterrollen beeinflusst. Da Frauen immer noch einen überproportionalen Anteil an der Hausarbeit leisten, sind sie von der Energiepolitik besonders betroffen. Wenn aber die Energieinfrastruktur als geschlechtsneutral betrachtet wird, wird ignoriert, dass und wie das Geschlecht ein Schlüsselfaktor für die Verteilung von Wohlstand und Einkommen (und Zeit) ist. In diesem Kapitel eines Buches über Energieungerechtigkeit in reichen Ländern wird argumentiert, dass Energieungleichheit Frauen doppelt belastet. Sie haben ein höheres Risiko für Energiearmut, gleichzeitig geht die Feminisierung von umweltfreundlichem Verhalten auf Kosten der Zeit von Frauen.

 

Minna Sunikka-Blank: Why are women always cold? Gendered realities of energy injustice. In: Ray Galvin (Hg). Inequality and Energy. How Extremes of Wealth and Poverty in High Income Countries Affect CO2 Emissions and Access to Energy. Academic Press 2020, Seite 173-188

https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/B9780128176740000084

 


 

Klimawandel verstärkt Gewalt gegen Frauen

Der Klimawandel und die globale Umweltkrise verschärfen laut einem Bericht der Weltnaturschutzunion (IUCN) die Gewalt gegen Frauen und Mädchen. Der Grund sei, dass man bei der Bekämpfung der Umweltzerstörung die Ungleichheit der Geschlechter und die Auswirkungen auf Frauen und Mädchen nicht berücksichtige. Dies führe zur Verschwendung von Ressourcen und zum Scheitern der Versuche, die Umweltzerstörung zu beheben und sich an den Klimawandel anzupassen, insbesondere in ärmeren Ländern.

 

„Wir haben festgestellt, dass geschlechtsspezifische Gewalt allgegenwärtig ist, und es gibt genügend klare Beweise dafür, dass der Klimawandel geschlechtsspezifische Gewalt verstärkt“, sagt die Hauptautorin des Berichts, Cate Owren. Lesen Sie hier weiter

 

Die Studie kann hier herunter geladen werden

 


 

Veranstaltung: Männlichkeiten und Natur(-Verhältnisse)

Zu guter Letzt noch der Hinweis auf die 13. Tagung des Arbeitskreises für interdisziplinäre Männer- und Geschlechterforschung (AIM Gender) – natürlich vorbehaltlich des weiteren Corona-Verlaufs:

 

Mit der Klimadebatte ist das Verhältnis zwischen Männlichkeiten und Natur wieder auf der Agenda. Beunruhigt blickt die Welt auf die männlich dominierte Natur-Ausbeutung. Die 13. AIM Gender-Tagung greift anthropologische, historische und ästhetisch-literarische Hervorbringungen und soziale Konstellationen des Verhältnisses von Männlichkeiten und Natur sowie Männern zu sich selbst auf.

 

18.06.2020, 17:30 Uhr – 20.06.2020, 14:00 Uhr, Stuttgart-Hohenheim

 

Weitere Informationen

 

 

Impressum

genanet - Leitstelle Gender, Umwelt, Nachhaltigkeit

c/o GenderCC - Women for Climate Justice e.V.

Anklamer Str. 38

10115 Berlin

Redaktion: Ulrike Röhr

leitstelle@genanet.de

www.genanet.de

 

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