Gender & Chemikalien
Chemikalien finden sich heute in fast allen Produkten des täglichen Bedarfs wieder, in Nahrungsmitteln ebenso wie in der Bekleidung, in Baustoffen, Reinigungsmitteln oder Kosmetika. Sie können gesundheitliche Probleme hervorrufen in dem sie Allergien und Atemwegserkrankungen auslösen oder unser Hormonsystem beeinflussen. Viele Chemikalien gelten als krebserregend. Und sie belasten unserer Umwelt.
Ob im Beruf oder bei der Versorgungsarbeit, gesellschaftliche Geschlechterrollen haben einen Einfluss darauf, wer in welchem Ausmaß den Chemikalien ausgesetzt ist. Das biologische Geschlecht wiederum beeinflusst, wie die Chemikalien sich auf die Körperfunktionen auswirken und sich im Körper anreichern. Diesbezügliche Daten stehen uns vor allem zu den Wirkungen auf Frauen und Männern zur Verfügung. An Erkenntnissen zu den Auswirkungen auf Trans*- oder Inter*-Personen besteht dagegen ein erheblicher Mangel.
Seit Jahrzehnten wird von Expert*innen und Frauenorganisationen gefordert, dass Chemikalienpolitik – ob es um die Formulierung von Gesetzen und Regulierungen, oder um die Kommunikation über die Risiken von Chemikalien geht – unter Einbeziehung der Genderperspektive durchzuführen ist. Ebenso, dass die Wissenschaft diese Perspektive stärker berücksichtigt und entsprechende Daten bereitstellt.



Erwerbsarbeit
In vielen Berufsbereichen, in denen der Frauenanteil überproportional hoch ist, ist die Nutzung von Produkten mit gesundheitsgefährdenden Chemikalien hoch. Das gilt z.B. für den gesamten Reinigungsbereich, ebenso für Friseur'*innen und Kosmetiker*innen, aber auch für viele Laborbereiche. In den eher männerdominierten Berufen fallen besonders die Maler*innen und Lackierer*innen ins Auge, in denen die Chemikalien über die Atemwege aufgenommen werden können. Nicht zu vergessen der Pestizideinsatz in der Landwirtschaft, der bei mangelndem Schutz zu Krebserkrankungen führen kann. In manchen Ländern sind bis zu 85% derjenigen, die die Pestizide ausbringen, weiblich (vgl. WECF 2021, siehe Netzwerke, Projekte, Publikationen).
Auch in den chemieintensiven Industriebranchen, wie der Textil- oder Elektronikindustrie, findet sich ein hoher Anteil an weiblichen Beschäftigten. Deren Risiko, an Brustkrebs zu erkranken ist überdurchschnittlich hoch.
Versorgungsarbeit
Diejenigen, die Versorgungsarbeit leisten – mehrheitlich immer noch Frauen – sind auch in besonderem Ausmaß den Chemikalien ausgesetzt, die für viele Haushaltsarbeiten eingesetzt werden. In erster Linie sind dies Spül- und Reinigungsmittel. Bei der Nutzung von Kosmetika, auch diese durch viele gesundheitsschädigende Inhaltsstoffe gekennzeichnet, sind es eher die Rollenbilder, die zu deren überproportionaler Nutzung durch Frauen führen.
Die dadurch hervorgerufenen Krankheiten, vor allem Atemwegs-, Allergie- und Hauterkrankungen, können zu einem erhöhten Pflegebedarf bei allen Familienangehörigen führen. Bei dem Bemühen, die genannten Wirkungen zu vermeiden, kann ein erhöhter Zeitaufwand für die Informationsbeschaffung über die Inhaltsstoffe von Möbeln, Dekomaterialien, Spielzeug, Reinigern oder Kosmetika negativ zu Buche schlagen. Studien zeigen, dass in Deutschland insbesondere Frauen, diese Aufgabe der Informationsbeschaffung übernehmen und signifikant häufiger als Männer das Internet und Apps zu Gesundheits – und Chemikalieninformationen, wie bspw. den Toxfox, nutzen.
Institutionalisierter Androzentrismus/Definitionsmacht
Der geringe Anteil von Frauen in Entscheidungspositionen der Chemieindustrie (s. unten) trägt dazu bei, dass zwar die Genderwirkungen von Chemikalien seit langem bekannt sind, aber immer noch zu wenig untersucht werden und bei Gesetzgebungen und Regulierungen selten berücksichtigt werden.
Gestaltungs- und Entscheidungsmacht
Chemie ist eines der wenigen naturwissenschaftlichen Studienfächer, die sich durch einen hohen Frauenanteil auszeichnen. Aktuell liegt dieser bei ca. 45%, einschließlich der Fächer Biochemie und Lebensmittelchemie, die einen überdurchschnittlichen Frauenanteil aufweisen. Allerdings schlägt sich das weder im Anteil von Professorinnen in diesen Studiengängen (14,6%), noch im Anteil von Frauen an den Schaltstellen der Macht in der chemischen Industrie nieder. Im Jahr 2016 lag auf europäischer Ebene der Anteil von Frauen auf Vorstandsebene bei 28,6%, auf Geschäftsführungsebene bei 10%.
Körper, Gesundheit, Selbstbestimmung und Privatsphäre (‚Intimacy’)
Aufgrund ihres höheren Körperfettanteils akkumulieren Frauen mit größerer Wahrscheinlichkeit kritische Chemikalien. Viele z.B. in Kosmetika enthaltene Stoffe wie Antioxidantien, UV-Filter, Parabene, Lösungsmittel, synthetische Duftstoffe und antimikrobielle Chemikalien können die hormonelle Aktivität nachahmen und krebserregend wirken. Dies ist insbesondere dann ein Problem, wenn man die kumulativen und kombinierten Wirkungen untereinander und mit weiteren Chemikalien, berücksichtigt.
Abgesehen von den physiologischen Unterschieden, die die Auswirkungen von Chemikalien bei Männern, Frauen und Kindern unterschiedlich beeinflussen, sind Frauen in bestimmten Situationen besonders anfällig, z. B. während der Schwangerschaft und Stillzeit. Putzmittel können asthmatische Symptome und sogar chronische Schäden hervorrufen, die auch an das ungeborene Kind weitergegeben werden können.
Auch können Dämpfe sowie Sprüh-Reinigungsmittel leicht eingeatmet werden und so der Lunge schaden. Eine Langzeit-Untersuchung von professionellen Putzkräften zeigte, dass deren Lungenfunktion deutlich eingeschränkt und die Lungen so beschädigt waren, wie nach 20 Jahren Zigarettenkonsum. Die Lungenfunktion derjenigen, die zu Hause viel putzten, war ebenfalls signifikant eingeschränkt im Vergleich zu jenen, die gar nicht putzten (s. dazu auch die Dimension Versorgungsarbeit).
Symbolische Ordnung (Querschnittsdimension)
Geschlechteridentitäten wirken sich auf den Konsum von Körperpflegeprodukten und Kosmetika aus. Körperbilder, und damit das äußere Erscheinungsbild, sind ein Bereich, in dem traditionelle Kategorien von Männlichkeit und Weiblichkeit inszeniert und gefestigt werden. Dies wird von den Produktherstellern bei der Vermarktung von Produkten aufgegriffen und verstärkt. So wird von Frauen im Bereich Gesichtsreinigung und -pflege im Schnitt doppelt so viel ausgegeben wie von Männern. Auch bei Produkten zur Körperreinigung und -pflege zeigen sich Geschlechterunterschiede, wenn auch nicht so deutliche.
Obwohl die gesundheitlichen Auswirkungen vieler dieser Produkte seit langem bekannt sind, lassen strenge gesetzliche Regulierungen und deren Kontrollen auf sich warten. Auch dies kann mit der „symbolischen Ordnung“, im Sinne der Bewertung und Hierarchisierung von Relevanz, einhergehen. Siehe dazu auch diesen Artikel.
Ein gesunder männlicher Körper wird insbesondere mit körperlicher Stärke und Fitness gleichgesetzt, und so eher mit bestimmten körperlichen Merkmalen als mit ganzheitlicher Gesundheit assoziiert. Dies spiegelt sich in der verbreiteten Geringschätzung von Gesundheitsbeschwerden von Männern und der seltenen Inanspruchnahme von medizinischem Rat wider. Obwohl unter anderem aufgrund von Chemikalienexpositionen die Anzahl funktionstüchtiger Spermien bei Männern in Europa sowie weiteren Weltregionen seit Jahrzehnten kontinuierlich stark abnimmt und damit die Wahrscheinlichkeit für Unfruchtbarkeit steigt, ist männliche Reproduktionsgesundheit weiterhin ein tabuisiertes Thema in unserer Gesellschaft. Siehe dazu auch diesen Blogbeitrag.
Globale Plastikverschmutzung stoppen. Feministische Perspektiven für geschlechtergerechte Ansätze zur Eindämmung der Plastikflut
Die Plastikverschmutzung ist ein globales Problem. Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) warnt davor, dass die ökologischen, sozialen, wirtschaftlichen und gesundheitlichen Risiken von Kunststoffen mittlerweile ebenso groß und belastend sind wie die Folgen des Klimawandels, wie der Verlust von Ökosystemen und die Ausbeutung von natürlichen Ressourcen. Das Bewusstsein für die Zerstörung, die durch Plastikmüll angerichtet wird, wächst bei vielen Menschen ebenso wie bei politisch Verantwortlichen. Doch was hat das Plastikproblem mit der Ungleichheit der Geschlechter zu tun? Inwiefern betreffen seine Auswirkungen Menschen verschiedener Geschlechter unterschiedlich und warum kann dieses Umweltproblem soziale Benachteiligung und bereits bestehende Diskriminierung verstärken?
Aus feministischer Sicht ist eine kritische Betrachtung des gesamten Plastikkreislaufs entscheidend, wenn das Plastikproblem nicht auf die Konsument*innen und deren Nutzungsverhalten oder auf schädliches Mikroplastik in Kosmetikartikeln reduziert werden soll. Vielmehr ist jede Phase des Plastikzyklus durch unterschiedliche geschlechtsspezifische Erfahrungen und Betroffenheit gekennzeichnet. Von der Petrochemie und dem Mikroplastik bis hin zu Müllexporten und dem Abfallmanagement: der Lebenszyklus von Plastik wirkt sich unterschiedlich auf die Geschlechter aus. Erst, wenn aufgedeckt wird, inwiefern die Strukturen sozialer Diskriminierung und Geschlechterungleichheit zum Plastikproblem beitragen können und inwiefern auch umgekehrt, die Plastikkrise gesellschaftliche Machtverhältnisse zwischen den Geschlechtern verstärkt, können sozial gerechte Lösungen gegen die ökologische Zerstörung entwickelt werden.
Der von Birte Rodenberg verfasste und von der Heinrich Böll Stiftung herausgegebene Infobrief kann kostenlos in Deutsch und Englisch als PDF heruntergeladen werden.
Let’s talk chemicals - sprechen wir darüber: Giftfreie Menstruation
Wenn es ein Thema gibt, bei dem sich Gesundheit, Chemikalien und Umwelt und die Rechte von Frauen* überschneiden, dann ist es die Menstruation. Neben dem bestehenden Tabu über die Menstruation an sich, gibt es weitere Tabus, die in der aktuellen gesellschaftlichen Debatte weitgehend unbeachtet bleiben. Dazu gehören Gesundheits- und Umweltprobleme, die mit unserer Periode verbunden sind. Herkömmliche Menstruationsprodukte, teilweise mit einem hohen Plastikanteil, können schädliche Chemikalien enthalten, die die Gesundheit belasten und Einmalprodukte belasten die Umwelt.
In Deutschland wird diesen Themen sowohl in der Öffentlichkeit als auch in der Politik noch wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Deshalb lädt WECF im Mittagstalk, LET'S TALK CHEMICALS, am 24. Mai 2022 dazu ein, aus verschiedenen Perspektiven darüber sprechen. Weitere Informationen finden sich auch in der Broschüre zum Talk Giftfreie Menstruation, mit der WECF die Verwendung von nachhaltigeren, unbedenklichen und günstigeren alternativen Menstruationsprodukten fördern möchte.
Pilotstudie: Genderanalyse des deutschen Chemikalienmanagements im Projekt GenChemRoadMap
Im nationalen Chemikalienmanagement fehlen bisher Ideen und Ansätze für die praktische Umsetzung von Gender Mainstreaming, da viele der beteiligten Akteure – Forschungseinrichtungen, chemische Industrie, Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen – nur eine vage Vorstellung davon haben, welche Potenziale in Werkzeugen wie der Genderanalyse stecken.
Das Projekt GenCHemRoadMap richtet sich an öffentliche wie private Akteure, die im Chemikalienmanagement tätig sind. Anhand einer Gender Road Map, einem von MSP Institute e.V. entwickelten Handlungs-Leitfaden, und einem dazugehörigen Workbook werden in Workshops und einer längerfristigen fachlichen Begleitung des Umweltbundesamtes bei der Umsetzung erste Impulse für die systematische Integration von Gender gesetzt.
Hierbei werden dem Schlüsselakteur auf nationaler Ebene, der nationalen SAICM Anlaufstelle im Umweltbundesamt (Focal Point), die dringend benötigte Expertise zu den Zusammenhängen von Gender und Chemikalien in enger Zusammenarbeit mit dem UBA Gleichstellungsteam zur Seite gestellt. Mit der Verbreitung der deutschen Erfahrungen im SAICM-Prozess sollen zudem andere Nationen inspiriert werden, Gender ebenfalls in ihrem Chemikalienmanagement zu berücksichtigen.
http://gender-chemicals.org/road-map
Studie fordert mehr Forschung über die Auswirkungen von Chemikalien auf die Gesundheit von Frauen
Die von IPEN herausgegebene Studie "Gender Review Mapping with a Focus on Women" (siehe unten), die in Zusammenarbeit mit dem "Strategic Approach to International Chemicals Management" erstellt wurde, verdeutlicht, dass
- Frauen in der Landwirtschaft und in der Lebensmittelkonservenindustrie einer hohen Exposition gegenüber Karzinogenen und hormonstörenden Chemikalien (EDCs) ausgesetzt sein können, was das Brustkrebsrisiko erhöht, wobei das Risiko für prämenopausalen Brustkrebs bei Beschäftigten in der Lebensmittelkonservenindustrie am höchsten ist.
- es an Forschung und Informationen über die Exposition von Frauen gegenüber Chemikalien oder Nanomaterialien und deren Auswirkungen auf die spezifische Physiologie oder das endokrine System von Frauen sowie die langfristigen Auswirkungen auf ihre reproduktive Gesundheit fehlt.
- Frauen im Allgemeinen unverhältnismäßig stark von der Exposition gegenüber Chemikalien und Abfällen betroffen sind, aber weniger Zugang zur Teilnahme an der Entscheidungsfindung haben.
Gender Review Mapping with a Focus on Women and Chemicals: Impact of Emerging Policy Issues and the Relevance for the Sustainable Development Goals
Ziel dieses Berichts ist es, die Auswirkungen von Chemikalien auf Frauen als gefährdete Gruppe, die in hohem Maße gefährlichen Chemikalien ausgesetzt ist, sowie geschlechtsspezifische Ungleichheiten bei der Entscheidungsfindung im Zusammenhang mit dem Umgang mit Chemikalien und Abfällen aufzuzeigen. Der Bericht soll auch konkrete Schritte aufzeigen, die zum Schutz der Gesundheit von Frauen unternommen werden können, und Frauen in ihrer Rolle als Entscheidungsträgerinnen und als Akteurinnen des Wandels stärken. Das übergeordnete Ziel besteht darin, allen Akteuren, die sich für eine nachhaltige Entwicklung einsetzen, zu zeigen, wie wichtig es ist, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen, um die Ziele für nachhaltige Entwicklung 2030 zu erreichen.
(übersetzt aus der englischsprachigen Publikation)
Online-Kurs “What has gender got to do with chemicals?”
Wer sich schon immer gefragt hat, was das Geschlecht mit Chemikalien zu tun hat und ob es Unterschiede in der Exposition von Frauen im Vergleich zu Männern gibt, erhält in diesem Online-Kurs einen Überblick über die Bereiche, in denen Frauen typischerweise stärker mit Chemikalien in Berührung kommen als Männer, und erhält Tipps, wie man sich besser schützen kann. Dieser Kurs ist Teil der kostenlosen IPEN-Schulungsreihe Women and Chemicals. Der Kurs wurde von Johanna Hausmann, Senior Policy Advisor für schädliche Chemikalien und Abfälle und Umweltaktivistin bei WECF, entwickelt.
Frauen und Chemikalien
Die zweite Ausgabe des HEJ!Youth Magazins mit dem Schwerpunktthema Frauen und Chemikalien ist im Juli 2021 erschienen. In kurzen Artikeln werden verschiedene Aspekte des Themenbereichs aufgegriffen, beispielsweise die Situation von Arbeiterinnen in der Elektronikbranche, welche unter immensen Gesundheitsproblemen in Verbindung mit der Belastung durch giftige Chemikalien leiden. Darüber hinaus enthält die Ausgabe ein Porträt der Biochemikerin Rosalind Franklin, deren Forschung wesentlich zur Aufklärung der Doppelhelixstruktur der DNA beitrug, und klärt über Chemikalien in Menstruations- und Kosmetikprodukten auf. Es werden ebenfalls Frauen vorgestellt, die sich für Menstruationsgerechtigkeit (‘period equity’) einsetzen.
HEJYouth ist eine Gruppe von jungen Aktivist*innen, die sich für eine gesunde und giftfreie Zukunft engagieren. Neben dem Magazin betreibt HEJYouth auch einen Podcast und organisiert Webinare. Weitere Informationen gibt es hier.
Webinar-Serie „45min for Gender“
In den regelmäßig stattfinden Kurz-Webinaren des MSP Institute werden einzelne Chemikalienthemen und -sektoren aus Geschlechterperspektive beleuchtet und gemeinsam mit Expert*innen diskutiert, wie in Zukunft ein geschlechtergerechter Gesetzesrahmen für den nachhaltigen Umgang mit Chemikalien und Abfällen geschaffen werden kann.
Gender-Problem Plastik: Frauen leiden mehr unter Giftstoffen als Männer
Die Giftstoffe aus Kunststoff sind ein Gesundheitsrisiko – allerdings mehr für Frauen als für Männer. Das geht aus dem Plastikatlas 2019 hervor. Die Autoren des Plastikatlas benennen auch die physiologischen und auf Geschlechterrollen basierenden Ursachen.
Netzwerke
- WECF – Women Engage for a Common Future
Während des Weltgipfels 1992 in Rio de Janeiro schlossen sich Frauen aus der europäischen Region zur Gründung eines Netzwerkes zusammen, um sicherzustellen, dass die Stimmen von Frauen und sozialen Randgruppen politisch Gehör finden. 1994 wurde Women in Europe for a Common Future (WECF) (seit 2016: Women Engage for a Common Future) gegründet. Ein wichtiger Schwerpunkt der Arbeit des Netzwerks war von Beginn an das Thema Chemikalien und seine Auswirkungen auf die Gesundheit vor allem von Frauen. - MSP Institute
Das MSP Institute setzt sich seit 2017 für die Integration von Genderaspekten in das (inter)nationale nachhaltige Chemikalienmanagement ein. Ausgangspunkt der Arbeit ist, dass es eine Reihe von geschlechtsspezifischen Aspekten gibt, die für die Chemikalien- und Abfallwirtschaft relevant sind. Diese erhalten im Erneuerungsprozess des Strategisches Ansatzes zum internationalen Chemikalienmanagement der Vereinten Nationen (kurz SAICM) bisher jedoch nicht die Aufmerksamkeit, die sie verdienen, um die bestmöglichen Entscheidungen bei der politischen Entscheidungsfindung und die effektive Umsetzung zu gewährleisten. - Für das Recht auf eine giftfreie Zukunft
In dem Projekt „Für das Recht auf eine giftfreie Zukunft“ haben sich fünf deutsche Nichtregierungsorganisationen zusammengeschlossen, um sich gemeinsam für ambitionierte Ergebnisse bei der Internationale Konferenz über das Chemikalienmanagement einzusetzen. Dazu gehört es, die Öffentlichkeit über die Inhalte und Fragestellungen der SAICM-Verhandlungen zu informieren. - IPEN – International Pollutants Elimination Network
IPEN ist ein globales Netzwerk, das sich für eine gesündere Welt einsetzt, in der Mensch und Umwelt nicht mehr durch die Produktion, Verwendung und Entsorgung giftiger Chemikalien geschädigt werden. In IPEN sind über 600 Nichtregierungsorganisationen zusammengeschlossen, die größtenteils aus Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen stammen. Sie setzen sich für die Stärkung der globalen und nationalen Chemikalien- und Abfallpolitik ein.
Ausgewählte Publikationen
- Geschlechtergerechte Chemikalienpolitik. Gemeinsam für eine giftfreie Zukunft
Das 2021 veröffentlichte Hintergrundpapier von WECF informiert, wieso eine Genderperspektive im Chemikalienmanagement und in der Chemikalienpolitik unverzichtbar ist, damit alle besser vor bedenklichen Chemikalien geschützt sind. Darin werden die unterschiedlichen Auswirkungen der Chemikalienexposition auf Menschen mit weiblichem und männlichem Körper erörtert. Bei der Verwendung von Begriffen wie z. B. “Frauen” ist zu beachten, dass damit, sofern nicht anders angegeben, Menschen mit weiblichen Körpern gemeint sind, da derzeit in der Europäischen Union ein Mangel an Daten über trans- und intersexuelle Menschen besteht. - Gender and Chemicals. Questions, Issues and Possible Entry Points
Die Publikation wurde im Rahmen des Projekts "Gender and Chemicals: Issues, Stakeholders, Strategies" erstellt, das 2017 vom MSP Institute durchgeführt wurde. Das Papier beginnt mit der Erörterung der Frage, warum Gender und Chemikalien ein Thema ist, mit dem es sich zu beschäftigen lohnt. Anschließend werden einige der vorhandenen Erkenntnisse zu biologischem Geschlecht und Gender im Kontext von Chemikalien zusammengefasst, um Ansatzpunkte für weitere (Gender-)Analysen zu identifizieren. Daraufhin werden relevante internationale politische Prozesse mit dem gleichen Ziel betrachtet, Ansatzpunkte und Möglichkeiten zu identifizieren, um Gender- und Chemiethemen voranzubringen und die Integration von Gender in Chemikalien und Abfallmanagement voranzutreiben. - Chemical Entanglements: Gender and Exposure
Das Catalyst Journal veröffentlicht von Experten begutachtete Essays und Artikel aus dem interdisziplinären Bereich der feministischen Wissenschafts- und Technologiestudien (STS) und möchte Innovationen in der feministischen STS und verwandten Studienbereichen fördern und einen Ort für die Veröffentlichung aktivistischer feministischer und kritischer Theorie bieten, indem es theoretisch einfallsreiche und methodisch kreative wissenschaftliche Arbeiten unterstützt, die Ansätze aus den Bereichen kritische öffentliche Gesundheit, Queer Studies, Disability Studies, Sci-Art, Technologie und digitale Medienstudien, Geschichte und Philosophie der Wissenschaft und Medizin und mehr einbeziehen.
Diese Ausgabe (Vol. 6 No.1) von 2020 beinhaltet vierzehn Essays und Kunstwerke, die sich in den Rubriken Sonderteil, Kritischer Kommentar, Kritische Perspektiven, Labortreffen und Titelbild mit dem Thema Chemische Verwicklungen befassen: Geschlecht und Exposition. - Portal Gendering MINT digital – Lerneinheit zu Gender & Chemie
Die im Portal angebotenen Open Educational Resources (OER) geben Einblicke in den Forschungs- und Lehrbereich Gender & MINT. Gleichzeitig regen sie das Reflektieren über Genderthemen in den Natur- und Technikwissenschaften an. Die OER sind so konzipiert, dass sie in der Hochschullehre insbesondere in den naturwissenschaftlichen Fachdidaktiken, aber auch in den Sozial- und Kulturwissenschaften eingesetzt werden können. Gleichzeitig sind die OER für das Selbststudium aller interessierten Nutzer*innen geeignet. Das Portal beinhaltet u.a. eine Lerneinheit zu Gender und Chemie, die auch auf Englisch verfügbar ist. - Gender Curriculum Chemie
Mit Hilfe des Gender Curriculum Chemie von Dr. Ines Weller sollen Studierende einen Überblick über die Bedeutung der Geschlechterverhältnisse für die Entwicklung der Chemie sowie für den gesellschaftlichen Umgang mit ihren Produkten, den Chemikalien, erhalten. Sie sollen befähigt werden, die postulierte Geschlechtsneutralität der Chemie kritisch zu hinterfragen. Darüber hinaus sollen sie ein Verständnis von Genderanalysen als “Eye-Opener” für die Einbindung der Chemie in gesellschaftliche Handlungskontexte erwerben.
Netzwerke
- WECF – Women Engage for a Common Future
Während des Weltgipfels 1992 in Rio de Janeiro schlossen sich Frauen aus der europäischen Region zur Gründung eines Netzwerkes zusammen, um sicherzustellen, dass die Stimmen von Frauen und sozialen Randgruppen politisch Gehör finden. 1994 wurde Women in Europe for a Common Future (WECF) (seit 2016: Women Engage for a Common Future) gegründet. Ein wichtiger Schwerpunkt der Arbeit des Netzwerks war von Beginn an das Thema Chemikalien und seine Auswirkungen auf die Gesundheit vor allem von Frauen. - MSP Institute
Das MSP Institute setzt sich seit 2017 für die Integration von Genderaspekten in das (inter)nationale nachhaltige Chemikalienmanagement ein. Ausgangspunkt der Arbeit ist, dass es eine Reihe von geschlechtsspezifischen Aspekten gibt, die für die Chemikalien- und Abfallwirtschaft relevant sind. Diese erhalten im Erneuerungsprozess des Strategisches Ansatzes zum internationalen Chemikalienmanagement der Vereinten Nationen (kurz SAICM) bisher jedoch nicht die Aufmerksamkeit, die sie verdienen, um die bestmöglichen Entscheidungen bei der politischen Entscheidungsfindung und die effektive Umsetzung zu gewährleisten. - Für das Recht auf eine giftfreie Zukunft
In dem Projekt „Für das Recht auf eine giftfreie Zukunft“ haben sich fünf deutsche Nichtregierungsorganisationen zusammengeschlossen, um sich gemeinsam für ambitionierte Ergebnisse bei der Internationale Konferenz über das Chemikalienmanagement einzusetzen. Dazu gehört es, die Öffentlichkeit über die Inhalte und Fragestellungen der SAICM-Verhandlungen zu informieren. - IPEN – International Pollutants Elimination Network
IPEN ist ein globales Netzwerk, das sich für eine gesündere Welt einsetzt, in der Mensch und Umwelt nicht mehr durch die Produktion, Verwendung und Entsorgung giftiger Chemikalien geschädigt werden. In IPEN sind über 600 Nichtregierungsorganisationen zusammengeschlossen, die größtenteils aus Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen stammen. Sie setzen sich für die Stärkung der globalen und nationalen Chemikalien- und Abfallpolitik ein.
Ausgewählte Publikationen
- Geschlechtergerechte Chemikalienpolitik. Gemeinsam für eine giftfreie Zukunft
Das 2021 veröffentlichte Hintergrundpapier von WECF informiert, wieso eine Genderperspektive im Chemikalienmanagement und in der Chemikalienpolitik unverzichtbar ist, damit alle besser vor bedenklichen Chemikalien geschützt sind. Darin werden die unterschiedlichen Auswirkungen der Chemikalienexposition auf Menschen mit weiblichem und männlichem Körper erörtert. Bei der Verwendung von Begriffen wie z. B. “Frauen” ist zu beachten, dass damit, sofern nicht anders angegeben, Menschen mit weiblichen Körpern gemeint sind, da derzeit in der Europäischen Union ein Mangel an Daten über trans- und intersexuelle Menschen besteht. - Gender and Chemicals. Questions, Issues and Possible Entry Points
Die Publikation wurde im Rahmen des Projekts "Gender and Chemicals: Issues, Stakeholders, Strategies" erstellt, das 2017 vom MSP Institute durchgeführt wurde. Das Papier beginnt mit der Erörterung der Frage, warum Gender und Chemikalien ein Thema ist, mit dem es sich zu beschäftigen lohnt. Anschließend werden einige der vorhandenen Erkenntnisse zu biologischem Geschlecht und Gender im Kontext von Chemikalien zusammengefasst, um Ansatzpunkte für weitere (Gender-)Analysen zu identifizieren. Daraufhin werden relevante internationale politische Prozesse mit dem gleichen Ziel betrachtet, Ansatzpunkte und Möglichkeiten zu identifizieren, um Gender- und Chemiethemen voranzubringen und die Integration von Gender in Chemikalien und Abfallmanagement voranzutreiben. - Chemical Entanglements: Gender and Exposure
Das Catalyst Journal veröffentlicht von Experten begutachtete Essays und Artikel aus dem interdisziplinären Bereich der feministischen Wissenschafts- und Technologiestudien (STS) und möchte Innovationen in der feministischen STS und verwandten Studienbereichen fördern und einen Ort für die Veröffentlichung aktivistischer feministischer und kritischer Theorie bieten, indem es theoretisch einfallsreiche und methodisch kreative wissenschaftliche Arbeiten unterstützt, die Ansätze aus den Bereichen kritische öffentliche Gesundheit, Queer Studies, Disability Studies, Sci-Art, Technologie und digitale Medienstudien, Geschichte und Philosophie der Wissenschaft und Medizin und mehr einbeziehen.
Diese Ausgabe (Vol. 6 No.1) von 2020 beinhaltet vierzehn Essays und Kunstwerke, die sich in den Rubriken Sonderteil, Kritischer Kommentar, Kritische Perspektiven, Labortreffen und Titelbild mit dem Thema Chemische Verwicklungen befassen: Geschlecht und Exposition. - Portal Gendering MINT digital – Lerneinheit zu Gender & Chemie
Die im Portal angebotenen Open Educational Resources (OER) geben Einblicke in den Forschungs- und Lehrbereich Gender & MINT. Gleichzeitig regen sie das Reflektieren über Genderthemen in den Natur- und Technikwissenschaften an. Die OER sind so konzipiert, dass sie in der Hochschullehre insbesondere in den naturwissenschaftlichen Fachdidaktiken, aber auch in den Sozial- und Kulturwissenschaften eingesetzt werden können. Gleichzeitig sind die OER für das Selbststudium aller interessierten Nutzer*innen geeignet. Das Portal beinhaltet u.a. eine Lerneinheit zu Gender und Chemie, die auch auf Englisch verfügbar ist. - Gender Curriculum Chemie
Mit Hilfe des Gender Curriculum Chemie von Dr. Ines Weller sollen Studierende einen Überblick über die Bedeutung der Geschlechterverhältnisse für die Entwicklung der Chemie sowie für den gesellschaftlichen Umgang mit ihren Produkten, den Chemikalien, erhalten. Sie sollen befähigt werden, die postulierte Geschlechtsneutralität der Chemie kritisch zu hinterfragen. Darüber hinaus sollen sie ein Verständnis von Genderanalysen als “Eye-Opener” für die Einbindung der Chemie in gesellschaftliche Handlungskontexte erwerben.