Gendergerechte Digitalisierung zur Erreichung der Umwelt- und Klimaschutzziele
Können digitale Technologien dazu beitragen, die Umwelt- und Klimaziele zu erreichen? Und wie wird dabei das Thema Gerechtigkeit – Gendergerechtigkeit, soziale und globale Gerechtigkeit – berücksichtigt? Kann die Digitalisierung die sozial-ökologische Transformation vorantreiben? Das sind Fragen, mit denen wir uns auf dieser Themenseite befassen werden.
Der Wissenschaftliche Beirat für Globale Umweltveränderungen (WBGU) der Bundesregierung versteht unter Digitalisierung „Entwicklung und Anwendung digitaler sowie digitalisierter Techniken (…), die sich mit allen anderen Techniken und Methoden verzahnt und diese erweitert. Sie wirkt in allen wirtschaftlichen, sozialen und gesellschaftlichen Systemen“ (WBGU 2019: 1)
Digitalisierung hat viele Facetten, die es zu beachten gilt. Unter Umweltgesichtspunkten stellt sich die Frage nach dem hohen Ressourcenverbrauch und CO2-Emissionen, aber auch umgekehrt, ob digitalisierte Anwendungen wie z.B. Smart Homes einen positiven Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz leisten. Auf beiden Seiten spielen immer auch die sozio-ökonomischen Aspekte eine wichtige Rolle: Arbeitsplätze, die entstehen oder verloren gehen; Algorithmen, die diskriminierend wirken können und nicht zu vergessen die Fragen rund um Datensicherheit.
Die Digitalisierung bietet so einerseits die Chance, geschlechtliche oder rassistische Diskriminierungen zu überwinden, sie können diese aber andererseits ebenso reproduzieren oder manifestieren. Hierauf ist bei allen Digitalisierungsstrategien und -programmen ein besonderes Augenmerk zu richten.



Symbolische Ordnung (Querschnittsdimension)
Geschlechterdarstellungen im Netz sind häufig von Stereotypen geprägt. Algorithmen zur Vorauswahl bei Bewerbungsverfahren, Filterblasen, die z.B. bei Suchmaschinen immer mehr von dem zeigen, was sich vorher angesehen wurde, bei der Nutzung der digitalen Kommunikation und in der Werbeindustrie tragen zur Reproduktion von Stereotypen und der Verstärkung der Diskriminierung von Frauen und Mädchen bei.
Besonders diskriminierend können sich Algorithmen bei lernenden Systemen der Künstlichen Intelligenz (KI) auswirken. Geschlechtsmerkmale können dazu führen, dass ein Gesicht nicht erkannt oder auf eine Stimme nicht reagiert wird – wenn dies bei der Programmierung nicht entsprechend berücksichtigt wurde.
Versorgungsökonomie/Sorgearbeit
Welchen Einfluss smarte Haushaltsgeräte auf die (partnerschaftliche) Aufteilung von Hausarbeit haben, ob es zu einer Umverteilung geleisteter Arbeitszeit im Haushalt kommt und welchen Einfluss eine Neuverteilung von Verantwortlichkeiten und Aufgaben in Beziehungen durch die Automatisierung des Haushalts auf Ressourcenverbrauch und Umwelt hat, darüber gibt es aktuell noch wenig Untersuchungen. Dass dieser Aspekt so wenig untersucht ist hängt auch damit zusammen, dass die bisherigen Forschungen sehr techniklastig sind und wenig interdisziplinär bearbeitet werden. Soziale Aspekte spielen so weder bei den Fragestellungen noch in der Forschung selbst eine Rolle. Es ist aber zu vermuten, dass die Umstellung auf smarte Haushaltstechnologien aufgrund der geschlechtsspezifischen Rollenzuschreibungen und männlichen Technikaffinität sich eher an den Interessen der männlichen Haushaltsmitglieder orientiert.
Erwerbsökonomie
Besser untersucht sind dagegen die Auswirkungen der Digitalisierung auf den Arbeitsmarkt aus Genderperspektive. Einen wesentlichen Beitrag hat dazu der Dritte Gleichstellungsbericht geliefert, der mit seinen 17 Gutachten das Thema aus vielen verschiedenen Perspektiven beleuchtet.
Grundsätzlich zeigt sich dabei ein sehr uneindeutiges Bild: einerseits die möglichen Wirkungen einer digitalisierten Arbeitswelt auf eine verbesserte Vereinbarkeit von Beruf und Familie – mit den negativen Nebenwirkungen der Entgrenzung der Arbeitszeit. Andererseits ist da der geringe Anteil von 16% Frauen in der Informatikbranche selbst mit entsprechend geringen Frauenanteilen in Entscheidungspositionen. Vieldiskutiert wird auch der Ersatz von menschlicher Arbeit durch Digitalisierung und Künstliche Intelligenz (KI), der in männerdominierten Arbeitsbereichen wie der Fertigung höher zu sein scheint, als in frauendominierten Arbeitsbereichen wie der Pflege. Die Situation ist aber nicht so eindeutig, wie sie auf den ersten Blick erscheint, differenzierte Analysen sind hier erforderlich.
Öffentliche Infrastrukturen/Ressourcen
Frauen und andere diskriminierte Personen sehen sich häufig mit Zugangsbarrieren zum Internet konfrontiert. Dieser „Digital Gender Gap“ und die ihn verursachenden Zugangsbarrieren müssen deshalb kontextspezifisch analysiert und abgebaut werden. Zu diesen Barrieren gehören beispielsweise mangelnde Erschwinglichkeit, fehlende Infrastrukturen, unzureichende digitale Kompetenzen.
Auffällig ist auch, dass Frauen, obwohl sie die sozialen Medien aktiver nutzen als Männer, weniger sichtbar sind im Netz und weniger zur Generierung von Inhalten beitragen. Weltweit lagen 2018 die Einträge von Frauen bei Wikipedia bei 9%, massiv unterrepräsentiert sind auch Biografien über Frauen und frauenspezifische Forschungsarbeiten. Als Ursachen dafür werden u.a. eine Kultur, in der sich Frauen nicht willkommen fühlen und die Toleranz gegenüber gewalttätiger und beleidigender Sprache (Cyber-Mobbing) gesehen.
Institutionalisierter Androzentrismus/Definitionsmacht
Wie die vorherrschenden Einstellungen zu den Geschlechterrollen die Technologieentwicklung und -nutzung prägen, wird bereits seit den 1980er Jahren diskutiert. Diese feministische Technikkritik stieß aber bei der Entwicklung von Digitalisierungstechniken bisher auf keine Resonanz. Dies kann mit der deutlich an maskulinen Lebensmodellen orientierten Definition der Probleme und Lösungsmodelle zu tun haben. Ein Beispiel dafür ist das autonome Fahren, das mit der technischen (digitalen) Kontrolle über das Fahren die Notwendigkeit der (persönlichen) Fürsorge leugnet. Hier wie auch bei den Forschungen im Rahmen von Smart Homes und Smart Cities ist zu erkennen, dass diese sich an den Bedarfen und Visionen der eher männlichen Technikentwickler*innen, nicht aber notwendigerweise an den Bedarfen der Nutzer*innen und Bewohner*innen orientieren (siehe Blogbeitrag von Göde Both).
Definitions- und Gestaltungsmacht auf Akteursebene
Ein großer Anteil der Gestaltungsmacht über den Digitalisierungsprozess liegt bei Personen mit technischer Expertise, z. B. Programmierer-, IT-Expert- oder Techniker*innen, mit dem bereits beschriebenen geringen Frauenanteil und oben genannten Problemen der Ausrichtung an den eigenen Maskulinitätsmodellen und Erfahrungen.
Partizipation von Frauen an Entwicklungs- und Produktionsprozessen der Digitalisierung findet nur selten statt. Dabei liegt mit der Partizipativen Technikgestaltung ein Set an Methoden vor, um reale Nutzer*innen von Technik von Beginn an bis zur Gebrauchstauglichkeit in den Entwicklungsprozess einzubeziehen.
Körper, Gesundheit, Selbstbestimmung und Privatsphäre ('Intimacy')
Die Herstellung und Nutzung digitaler Techniken können die Gesundheit von Frauen beeinträchtigen. Neben den hohen gesundheitlichen Auswirkungen beim Abbau der Rohstoffe – so wird beispielsweise im Kongo Coltan vorrangig von Frauen abgebaut, die häufig ihre Kleinkinder dabeihaben (siehe Studie Digitalisierung und Nachhaltigkeit von Felix Sühlmann-Faul & Stephan Rammler) – ist hier vor allem die Gewalt zu diskutieren, der Frauen bei ihren Aktivitäten im Netz ausgesetzt sind. Viele Untersuchungen weisen darauf hin, dass Hass und Gewalt in den sozialen Medien Frauen, Schwule, Lesben, Trans, Personen mit nicht-binären Geschlechteridentitäten oder Women of Colour überproportional trifft.
Auch bei den Smart Home Technologien scheint es, dass wenn eine Person keinen Zugang zu diesen Technologien hat, sie im Fall von Gewalt benachteiligt ist. Die durch die Technologien mögliche Steuerung und Kontrolle (z.B. Licht, Bewegung, Türschließfunktionen) kann sich in einer machtasymmetrischen Partnerschaft als Falle für die Person erweisen, die keinen Zugriff auf die Steuerung des „Smart Homes“ hat: „Je technikaffiner der Mann, desto höher die Gefährdung der Frau“ (siehe Expertise zum Dritten Gleichstellungsbericht von Regina Frey).
SustAIn-Magazin zu nachhaltiger KI in der Praxis
Algorithmwatch, IÖW und Digital Artificial Intelligence-Labor der TU Berlin führen aktuell das Projekt „SustAIn: Der Nachhaltigkeitsindex für Künstliche Intelligenz“ durch. Es zielt darauf ab, Kriterien für die Nachhaltigkeitsbewertung von Anwendungen mit Künstlicher Intelligenz zu entwickeln und die Nachhaltigkeitswirkungen exemplarisch zu erheben. In diesem Rahmen ist jetzt das neue SustAIn-Magazin erschienen. Es will die eher theoretischen und ungenauen Debatte darüber, ob künstliche Intelligenz den Planeten und soziale Ungerechtigkeit weiter anheizen, mit differenzierten und faktenbasierten Erkenntnissen ergänzen. Das Magazin enthält Interviews mit Expert*innen und gibt Einblicke in Praxisbeispiele, die wirkliche Veränderungen bringen – sozial, wirtschaftlich und ökologisch. So befasst sich auf ein Beitrag dezidiert damit, wie verhindert werden kann, dass sich durch den Einsatz von Daten in neuen Technologien vorhandene Ungleichheiten im Hinblick auf Gender, Ethnizität und Klasse verschärfen.
Veranstaltung zur UNESCO-Empfehlung zur Ethik Künstlicher Intelligenz
Die Geschäftsstelle zum Dritten Gleichstellungsbericht berichtet in ihrem aktuellen Newsletter über den von der Deutschen UNESCO Kommission organisierten Workshop „KI als Chance für mehr Geschlechtergerechtigkeit“. Eine Studie zu den "UNESCO-Empfehlungen zur Ethik Künstlicher Intelligenz", die insbesondere auf blinde Flecken wie KI und Gender, KI und Nachhaltigkeit hinweisen, hatte deutlich gemacht, dass Deutschland hier erheblichen Nachholbedarf hat. So spiele z.B. bei wichtigen digitalpolitischen Instrumenten wie der KI-Strategie der Bundesregierung Geschlecht so gut wie keine Rolle.
Einen kurzen Überblick zu dem Workshop und den Empfehlungen der UNESCO findet sich ebenfalls auf der Webseite zum Dritten Gleichstellungsbericht.
Digitalisierung im ländlichen Raum - wo bleibt die Genderperspektive?
Zwei kürzlich erschienene Zeitschriftenartikel "Mehr als smarte Technik: ein konzeptioneller Rahmen zu „Smart Countryside“ und "Perceived risks and vulnerabilities of employing digitalization and digital data in agriculture" befassen sich mit der Digiatisierung im ländlichen Raum bzw. in der Landwirtschaft.
Mit dem Konzept für Smart Countryside sollen durch eine integrative Betrachtung aktueller Trends und Tendenzen, normativer Debatten um Gleichwertigkeit und Gerechtigkeit sowie Möglichkeiten in verschiedenen Handlungsfeldern Entwicklungsoptionen aufgezeigt werden, die durch Digitalisierung und ,smarte‘ Umsetzung möglich werden. Deren Realisierung sollte dabei stark bedürfnisorientiert erfolgen, weshalb sich das Konzept auf Governance-Prozesse konzentriert und somit auf Digitalisierungspotenziale jenseits reiner Technikfixierung blickt. Das vorgestellte Konzept zur Digitalisierung kann zu einer umfassenderen Transformation ländlicher Räume in Richtung Nachhaltigkeit beitragen und formuliert einen gemeinsamen Gestaltungsauftrag für Politik, Gesellschaft und Wissenschaft.
Der zweite Artikel befasst sich mit der Digitalisierung der landwirtschaftlichen Produktion zur Verbesserung der Produktivität, Effizienz und Rentabilität. Ebenso verspricht die Digitalisierung viele Chancen für eine nachhaltigere und vor allem ökologischere und sauberere landwirtschaftliche Produktion. Dabei können aber eine Reihe von unbeabsichtigten Nebenwirkungen und Risiken auftreten, die vor allem auf agrarökologische und soziale Systeme zu erwarten sind.
Beide Beiträge zeichen sich dadurch aus, dass sie zwar Umwelt und soziale Aspekte adressieren, Auswirkungen auf die Geschlechterverhältnisse aber außen vor lassen. Hier besteht dringeder Nachholbedarf.
Bits & Bäume Konferenz 2022
Nach der erfolgreichen ersten Bits & Bäume-Konferenz 2018 sind die Themen Digitalisierung und Nachhaltigkeit heute in unserer Gesellschaft so präsent wie nie zuvor. Wir stehen vor großen gesellschaftlichen und globalen Herausforderungen für eine gerechte und nachhaltige Gestaltung unserer (Um-)Welt. Deshalb möchten die Organisator*innen mit der Konferenz Bits & Bäume 2022 die Vernetzung von Umwelt- und Gerechtigkeitsaktivist*innen, Technikexpert*innen und Menschenrechtler*innen verbreitern und verstetigen. Eine Auftaktveranstaltung wird am Abend des 30. September stattfinden. Dazu gehört auch die Vernetzung mit Vertreter*innen sozial-ökologisch wirtschaftender kleiner Digital-Unternehmen und -Gründer*innen sowie der Politik, um gemeinsam konkrete Lösungen für die drängenden Fragen unserer Zeit zu finden. Teilnehmende sollen große politische Strategien und Governance-Vorschläge diskutieren, aber auch anhand von Best-Practice-Beispielen voneinander lernen, wie wir im digitalen Zeitalter Klima- und Umweltschutz, soziale Gerechtigkeit, Demokratie und Grundrechte verwirklichen können.
Gemeinsam werden auf Podien, in Workshops und Open Spaces folgende Fragen diskutiert:
- Wie kann die Digitalisierung so gestaltet werden, dass sie zu einer nachhaltigen und demokratischen Transformation der Gesellschaft beiträgt?
- Wie sieht eine global, wirtschaftlich, sozial und ökologisch gerechte Zukunft in der digitalisierten Welt aus?
- Was können Tech-Community (Bits) und Gerechtigkeits- und Umweltbewegung (Bäume) voneinander lernen? Und wie können sie als Zivilgesellschaft in einen organisierten Austausch mit sozial-ökologischen Vorreiter-Unternehmen, Wissenschaft und Politik treten?
- Wie können wir gemeinsam politisch aktiv werden?
Die Konferenz findet vom 30.09. bis 02.10.2022 an der TU Berlin statt.
Ein feministischer Aktionsrahmen für die Digitalwirtschaft
Die zu erwartende tiefgreifende Umstrukturierung von Produktion, Distribution und Konsum im Rahmen des digitalen Kapitalismus verheißt nichts Gutes für die Hoffnung auf eine gleichberechtigte, nachhaltige und faire Wirtschaftsordnung. Aus feministischer Perspektive gibt es einige grundlegende Bedenken, die auf einer Webseite und in einer Broschüre diskutiert werden.
Der feministische Aktionsrahmen für die Digitalwirtschaft ist Teil des globalen Projektes “The Future is Feminist” der Friedrich-Ebert-Stiftung, das weltweit mit Feminist*innen zusammenarbeitet, um positive Visionen für eine bessere Zukunft zu entwickeln, die sich auf Themen der Wirtschaftspolitik und kritische ökonomische Perspektiven konzentrieren.
Expertisen zum 3. Gleichstellungsbericht der Bundesregierung "Digitalisierung geschlechtergerecht gestalten"
Für den 3. Gleichstellungsbericht (siehe Tab Publikationen) wurde eine Reihe von Expertisen erarbeitet, von denen wir Ihnen drei wegen ihrer Verbindungen zu Umwelt, Klima, Nachhaltigkeit besonders ans Herz legen wollen. Zur Liste aller Expertisen
- „Digitalisierung geschlechtergerecht und nachhaltig gestalten? Überlegungen zum Zusammenhang von Sustainable Development Goals, Geschlechtergerechtigkeit und Digitalisierung“von Silke Steinhilber
- „Technikfolgenabschätzung und Geschlecht: Bestandsaufnahme und Identifizierung von Diskursschnittstellen mit besonderem Fokus auf Digitalisierung“ von Hummel, Diana/Stieß, Immanuel/Sauer, Arn; unter Mitarbeit von Anna Kirschner
- „Geschlecht und Gewalt im digitalen Raum. Eine qualitative Analyse der Erscheinungsformen, Betroffenheiten und Handlungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung intersektionaler Aspekte“ von Regina Frey
Göde Both: Braucht Autonomes Fahren Fürsorge?
Technikbeherrschung ist eine zentrale Dimension der Verknüpfung von Technik mit Männlichkeit. Verletzlichkeit und Fürsorge können jedoch auch Beziehungen zu technischen Artefakten prägen. Verschiedenen Studien weisen darauf hin, wie Männer homosoziale Fürsorgegemeinschaften mit technischen Artefakten (hier Motorräder und Autos) formen.
Der Informatiker Göde Both hat dies für das Forschungsfeld Autonomes Fahren untersucht und kommt zu dem Schluss, dass auch hier Männer homosoziale Fürsorgegemeinschaften mit ihren Forschungsfahrzeugen formen. Mehr dazu in seinem Beitrag für den Genderblog des Zentrums für transdisziplinäre Geschlechterstudien der HU Berlin.
Ausgewählte Publikationen
- Unsere gemeinsame digitale Zukunft
Das 2019 veröffentliche Hauptgutachten des Wissenschaftlichen Beirats für Globale Umweltveränderungen (WGBU) „Unsere gemeinsame digitale Zukunft“ fällt nicht nur durch seinen Umfang auf, sondern auch dadurch, dass Genderaspekte querschnittsmäßig berücksichtigt und dargestellt wurden.
Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass nur wenn der digitale Wandel und die Transformation zur Nachhaltigkeit konstruktiv verzahnt werden es gelingen kann, Klima- und Erdsystemschutz sowie soziale Fortschritte menschlicher Entwicklung voranzubringen. Eine vordringliche politische Aufgabe ist es, Bedingungen dafür zu schaffen, die Digitalisierung in den Dienst nachhaltiger Entwicklung zu stellen. - 3. Gleichstellungsbericht der Bundesregierung „Digitalisierung geschlechtergerecht gestalten“
Der Bericht beschäftigt sich mit der Frage, wie die Digitalisierung geschlechtergerecht gestaltet werden kann. Die Kommission stellt in ihrem Gutachten dar, welche Auswirkungen, Chancen und Risiken der digitale Wandel auf das Leben von Frauen und Männern hat – und wie sie sich zwischen den Geschlechtern unterscheiden. Zudem gibt sie Empfehlungen, wie eine an Gleichstellung orientierte Digitalisierung gestaltet werden könnte, um Verwirklichungschancen für alle Menschen zu bieten. - Zukunft gestalten. Digitale Transformation geschlechtergerecht steuern.
Der Deutsche Frauenrat hat 2019 die Ergebnisse seines Fachausschusses zu Digitalisierung veröffentlicht. Der Fachausschuss „Digitale Transformation und die Auswirkungen auf Lebensbereiche von Frauen“ arbeitete von 2017 bis 2019 daran, die digitale Transformation als gesellschaftliches Querschnittsthema zu etablieren. Die Themenfelder Bildung, Arbeit und Kommunikation im digitalen Raum standen dabei im Mittelpunkt. Zu allen drei Schwerpunkten wurden umfangreiche Forderungen entwickelt und Handlungsfelder für die Bundespolitik formuliert. - Gender-Effekte. Wie Frauen die Technik von morgen gestalten.
Die Veröffentlichung basiert auf einer gleichnamigen Vortragsreihe, deren Ziel es war, die Expertise von Frauen in der Entwicklung und Gestaltung von Technologie sowohl für den wissenschaftlichen als auch für den öffentlichen Diskurs sichtbar zu machen. Die Beiträge zeigen die Vielfalt des Themenspektrums, in dem Gender bei der Gestaltung und Entwicklung von Technik eine Rolle spielt. Wie es gelingen kann, eine geschlechtersensible Technikgestaltung in der Informatik umzusetzen, die Frauen als Gestalterinnen und Nutzerinnen von Technik in den Fokus stellt, dazu geben die Aufsätze vielfältige Anregungen.
Besonders hinweisen möchten wir auf den Beitrag „De-Gendering informatischer Artefakte „in a nutshell“ von Corinna Bath.
Abschlusskonferenz "Rebound-Risiken und Suffizienz-Chancen der Digitalisierung"
Wie die Digitalisierung als gesellschaftlicher Prozess gestaltet werden muss, damit sie einen Beitrag zur Transformation in Richtung Nachhaltigkeit leistet, wird seit einigen Jahren intensiv diskutiert.
Die Forschungsgruppe „Digitalisierung und sozial-ökologische Transformation“ an der TU Berlin und am Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) hat tatkräftig dazu beigetragen, diese Frage auf die politische und öffentliche Agenda zu setzen.
Über sechs Jahre hat die vom BMBF geförderte Forschungsgruppe interdisziplinäre Analysen zu diesem Thema durchgeführt und praxisorientierte Lösungen erarbeitet. Auf der Abschlusskonferenz werden nun die Ergebnisse dieser Arbeiten öffentlich vorgestellt und mit Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft diskutiert.
Im Fokus steht die Vorstellung und Diskussion konzeptioneller Forschungsergebnisse zu der Frage, mit welchen Risiken für Rebound-Effekte die Digitalisierung einhergeht und welche Chancen sie für Praktiken der Suffizienz im Konsum bringt. In parallelen Arbeitsgruppen werden zudem Forschungsergebnisse aus vier Anwendungsfeldern vertieft diskutiert:
- Welche Effekte birgt die Digitalisierung für die Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Energieverbrauch?
- Wie wirkt sich die Digitalisierung auf den Konsum aus und welche Potentiale bedeutet dies für suffizienzorientierten Konsum?
- Welche ökologischen Einsparpotentiale sind mit digitalen Geräten im „vernetzten Zuhause“ (Smart Home) verbunden?
- Führt die Digitalisierung zu einer Beschleunigung des Lebenstempos und wie wirkt sich dies auf das Empfinden von (Zeit-) Stress aus?
In der abschließenden Podiumsdiskussion möchte die Konferenz Eckpunkte für eine anwendungsorientierte Forschungsagenda vorbringen, die sowohl der Technologieförderung als auch Nachhaltigkeitszielen dienen kann.
Wann und wo 20. Juni 2022, 14 – 19 Uhr, Spreespeicher Berlin, Stralauer Allee 2, 10245 Berlin
Weitere Informationen & Anmeldung (bis 13.06.2022)