Instrumente zur Genderanalyse
Im Laufe der Gender Mainstreaming Praxis wurde eine Reihe von Instrumenten entwickelt, die sich häufig auf eine Genderanalyse der Organisationen oder die Kompetenzentwicklung beschränken. Wir legen hier den Schwerpunkt auf Instrumente, mit denen die Wirkungen von politischen Strategien, Programmen, Maßnahmen oder Gesetzen auf die Geschlechterverhältnisse analysiert werden können. Diese sind unterschiedlich aufwendig durchzuführen. Tiefergehende Instrumente sind zum Beispiel das Gender Impact Assessment (GIA) oder das Gender Budgeting, die wir Ihnen auf den Unterseiten ausführlicher vorstellen. Weitere Intrumente werden auf verschiedenen anderen Webseiten vorgestellt, auf die wir unter dem Tab "Links" hinweisen.
Die Genderdimensionen fungieren als eine Art Suchscheinwerfer, mit denen gesellschaftliche Machtverhältnisse (Ursachen, strukturelle Ungleichheiten und Ausprägungen) zwischen den Ge-schlechtern analysiert werden. Damit können potenzielle Wirkungen von Maßnahmen auf die Geschlechterverhältnisse identifiziert und die geplanten Vorhaben bei Bedarf entsprechend angepasst werden. Sie wurden im Rahmen des Forschungsprojektes „Interdependente Genderaspekte der Klimapolitik“ (weiter-)entwickelt und auf die Klimapolitik angewendet.
- Symbolische Ordnung (Querschnittsdimension): Hierarchisierungen, Bedeutungszuschreibungen und -positionierungen, Geschlechterstereotypen, genderhierarchisierende Narrative und Modernisierungsstrategien
- Versorgungsökonomie/Sorgearbeit: Zuschreibung, Stellenwert, Verteilung und Instrumentalisierung im gesellschaftlichen Wirtschaften
- Erwerbsökonomie: Horizontale und vertikale Segregation, ökonomische Arbeitsbewertung, Armuts-, Eigentums-, Vermögensverhältnisse
- Öffentliche Infrastrukturen/Ressourcen: Bereitstellung, Ausrichtung, Priorisierung, Zugänglichkeit, Gebrauchsfähigkeit von öffentlichen Infrastrukturen (Raum, Verkehrssystemen etc.) und Ressourcen
- Institutionalisierter Androzentrismus/Definitionsmacht: Maskulinitätsmodelle als Maßstab in fach-/handlungsfeldspezifischen Problemwahrnehmungen, Methoden etc., institutionalisierte inhaltlich-kognitive Genderhierarchisierungen
- Definitions- und Gestaltungsmacht auf Akteursebene: Teilhabe und Berücksichtigung von Genderexpertise bei Entscheidungen, v.a. in Wissenschaft, Technik und Politik
- Körper, Gesundheit, Selbstbestimmung und Privatsphäre (‚Intimacy’): Gesellschaftliche Organisation von Sexualität, Gesundheit, Gewaltfreiheit, Privatsphäre, sexueller Selbstbestimmung.
aus: Spitzner, Meike; Röhr, Ulrike; Hummel, Diana; Alber, Gotelind; Stiess, Immanuel (2020): Interdependente Genderaspekte der Klimapolitik. Gendergerechtigkeit als Beitrag zu einer erfolgreichen Klimapolitik: Wirkungsanalyse, Interdependenzen mit anderen sozialen Kategorien, methodische Aspekte und Gestaltungsoptionen. Endbericht. Umweltbundesamt (Hg.) Texte 30/2020, Dessau-Roßlau.
Schlüsselfragen für die Genderanalyse kurzgefasst: Hat die Maßnahme Auswirkungen auf gleichstellungspolitische Zielsetzungen?
Welche Gender-Wirkungen könnte die Maßnahme haben?
- Welche Personengruppen sind von der Maßnahme unmittelbar und mittelbar betroffen? Wie sind Frauen, Männer und andere Geschlechter zahlenmäßig vertreten?
- Welche Wirkungen könnte das Vorhaben auf die unterschiedlichen Lebenssituationen, Interessen und Alltagspraktiken der Geschlechter haben? (siehe ausführlicher dazu die Genderdimensionen und das GIA )?
- Wer profitiert von der Maßnahme direkt und indirekt (ökonomisch; Verlagerung von Arbeit in den unbezahlten Privatbereich etc.)
- Was sind die Ursachen der festgestellten Unterschiede? (Rollenbilder, Normen, Werte, Einkommen etc.)
Repräsentanz in Technik, Wissenschaft und Politik / Machtverhältnisse
- Anteil in Entscheidungspositionen, Kontrollpositionen, Stakeholder-Gruppen; Möglichkeit des Einbringens der unterschiedlichen Einstellungen, Präferenzen, Bedürfnisse
- Welche Akteure waren in die Entwicklung der Maßnahme involviert?
- Welche Expert*innen und Gruppen sollten beteiligt werden?
- Ist Genderwissen bei den Akteur*innen vorhanden?
Welche Daten und welche Erkenntnisse/welches Wissen ist verfügbar
- Welche weiteren Daten und Informationen sind vorhanden/werden benötigt (z.B. geschlechter-disaggregierte Daten (idealer Weise nicht nur sex-, sondern auch gender-disaggregiert) um die Auswirkungen der Maßnahme zu analysieren)?
- Welcher Forschungsbedarf ergibt sich daraus?
Instrumente
Gender Impact Assessment - Weiterführung
Im Rahmen des vom UBA und BMU geförderten Forschungsprojektes "Interdependente Genderaspekte der Klimapolitik" wurde das Gender Impact Assessment weiter entwickelt und speziell auf die Klimapolitik angepasst.
Eine Arbeitshilfe dazu ist im Anhang des Endberichts veröffentlicht.
GAMMA: Gender Assessment & Monitoring of Mitigation and Adaptation
Im Rahmen seines internationalen Projektes "Gender into Urban Climate Change Initiative" haben GenderCC und Partner*innen die GAMMA-Methodik (Gender Assessment & Monitoring of Mitigation and Adaptation) entwickelt, um lokale Anpassungs- und Klimaschutzstrategien auf ihre geschlechtsspezifischen Wirkungen zu untersuchen, mögliche Einstiegspunkte für Geschlechteraspekte zu identifizieren und Empfehlungen zu entwickeln, wie geschlechtsspezifische Lücken in Planungsverfahren, Prioritäten, Strategien und Maßnahmen zu schließen sind. Das Assessment umfasst mehrere Schritte, die das institutionelle Umfeld und die institutionellen Verfahren, die gesamte Bandbreite der Klimapolitik einer Stadt und eine eingehende Analyse der geschlechtsspezifischen Auswirkungen ausgewählter Maßnahmen abdecken. Eine Toolbox zur Anwendung von GAMMA wird in Kürze verfügbar sein.
Gender Impact Assessment in der Umwelt- und Strahlenschutzpolitik
In Kooperation mit einer Expertengruppe des BMU entwickelte das ISOE ein Konzept für ein Gender Impact Assessment und setzte dies in Form einer GIA-Checkliste um. Mit diesem Instrument führte es exemplarisch ein Gender Impact Assessment am Beispiel der Novellierung der Strahlenschutzverordnung durch. Mehr Informationen enthält der Abschlussbericht.
Eine Zusammenstellung von Instrumenten zum Gender Mainstreaming bieten (unter anderem) folgende Webseiten:
- Einen Überblick über die Rechtslage in Deutschland zum Gender Mainstreaming und dessen Umsetzung bietet die Webseite des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Hier finden sich auch diverse Arbeitshilfen zum Download.
- Gender Mainstreaming Instrumente des Österreichischen Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung. Die Instrumente auf dieser bereits 2006 erstellten und 2014 aktualisierten Seite sind gegliedert nach: Analyse- und Diagnoseinstrumente | Bewusstseinsbildung und Sensibilisierung | Strukturelle Verankerung | Personalakquise und Personalentwicklung | Interne und externe Öffentlichkeitsarbeit | Evaluation, Monitoring und Controlling | Weiteren Informationen
- Die Agentur für Gleichstellung im Europäischen Sozialfond hat 2009 eine Handreichung zum 'Gender Mainstreaming: Methoden und Instrumente' herausgegeben, die 2012 aktualisiert wurde.
- Das Europäische Institut für Gleichstellungsfragen hat die von allen hier gelisteten Seiten umfangreichste Sammlung an Methoden und Instrumenten zum Gender Mainstreaming zusammengestellt und zum Teil mit Beispielen unterlegt.